»Als Wissenschaftler versuche ich, die Welt zu verstehen. Als Gestalter versuche ich, sie zu verändern.«

Prof. Dr. Friedrich von Borries (*1974) lehrt Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Als Wissenschaftler und Gestalter agiert er in den gesellschaftspolitischen Grenzbereichen von Architektur, Design und Kunst.
»Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht das Verhältnis von Gestaltung und gesellschaftlicher Entwicklung. Als Wissenschaftler versuche ich, die Welt zu verstehen. Als Gestalter versuche ich, sie zu verändern. Deshalb setze ich mich forschend und entwerfend mit politischen Fragen auseinander, die unsere Gegenwart bestimmen.«
Neben Büchern und Ausstellungen entwickelt er künstlerische Projekte und begleitet Organisationen in Transformationsprozessen, damit Menschen andere Möglichkeiten von sich selbst und der Welt entdecken, erproben und sinnlich erfahren können.

2024

Intervention

Re•De•Re

Redesigning Democratic Representation – eine Intervention in den Alltag der Politik.

Re•De•Re erprobt das Redesign demokratischer Repräsentation. Es soll praxistaugliche Ideen entwickeln, indem in einem partizipativen Verfahren beobachtet, gestaltet und experimentiert wird. Wir folgen drei Mitgliedern des Deutschen Bundestages intensiv durch Zeit und Raum, beobachten ihre Aktivitäten und entwickeln gemeinsam mit ihnen Ideen für bessere Repräsentation.
Gefördert von der Volkswagen-Stiftung.

Drei Bundestagsabgeordneten werden von uns jeweils mehr als 100 Tage begleitet, »zu Hause« in ihren Wahlkreisen und in Berlin, wo sie als Fachleute für abgegrenzte Politikfelder innerhalb wie außerhalb des Reichstagsgebäudes unterwegs sind: im Austausch mit Ministerien, Interessengruppen und der Wissenschaft.
Warum? Um zu untersuchen, ob die Repräsentationsformen in unserer Demokratie verbessert werden können.
Wie? Re•De•Re verbindet künstlerisch-gestalterische Perspektiven mit politikwissenschaftlichem Wissen und ethnographischen Methoden, aber auch öffentliche Beteiligung und partizipative Methoden sind zentral im Forschungsprozess: mehrfache Bürgerräte, durchgeführt von unserem Partner »Demokratie Innovation e.V.«, liefern uns Reaktionen und Ideen von Menschen, die sich normalerweise nicht in der Politik engagieren. Neue Ansätze werden in einem Design Lab entwickelt, das mit dem zivilgesellschaftlichen Partner »Deutscher Design Club e.V.« und internationalen Design-Aktivist:innen durchgeführt wird. Die Erkenntnisse werden breit kommuniziert: an politische Akteure (Handbuch), eine breite Öffentlichkeit (Ausstellung, Veranstaltungen) und in die Wissenschaft (Konferenzen, Publikationen).
Re•De•Re soll dazu beitragen, demokratische Repräsentation besser zu verstehen – um sie dann besser zu
machen.

Podcast

Fantasiemuskel

Der Monopol-Podcast über Kunst, Wirtschaft und gesellschaftliche Transformation.

Im Monopol-Podcast Fantasiemuskel sprechen der Architektur- und Designtheoretiker Friedrich von Borries und der Kommunikationsprofi Torsten Fremer mit Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kunst über die Kraft der Vorstellung. Denn Fantasie ist ein Muskel, den man trainieren kann – davon sind Friedrich von Borries und Torsten Fremer überzeugt.

Gemeinsam mit Torsten Fremer, der unter anderem auch die Agentur Klubhaus leitet, hat Friedrich von Borries die Initiative Vorstellungskraft X gestartet, die Künstler:innen mit Unternehmen zusammenführen will. Jetzt bringen sie dieses Konzept vor das Mikrofon. In dem Monopol-Podcast Fantasiemuskel sprechen von Borries und Fremer mit Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kunst über die Kraft der Vorstellung, darüber, wie wir die Zukunft besser gestalten können und welche Rolle Kunst dabei spielen kann.

Hören kann man die Folgen hier!

Intervention

Vorstellungskraft X

Vorstellungskraft X – The Art of Transformation bringt Unternehmen und Künstler:innen zusammen.

Vorstellungskraft X – The Art of Transformation bringt Unternehmen und Institutionen mit Künstler:innen zusammen, um Transformationsprozesse zu initiieren und zu begleiten.
Die Verbindung künstlerischer Prozesse mit wirtschaftlichem Denken will dazu beitragen, Visionen und Ideen für eine bessere Zukunft entstehen zu lassen. Wie können wir eine andere Zukunft gestalten? Indem wir lernen, sie uns vorzustellen!

Vor dem Hintergrund gewaltiger gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Transformationsprozesse wird Vorstellungskraft zur unverzichtbaren Ressource, um die Veränderungen angehen zu können, die in den kommenden Jahren notwendig sind.
Für die Entwicklung der Vorstellungskraft haben wir Programme entwickelt, in denen wir Unternehmen mit Künstler:innen zusammenbringen. Denn Künstler:innen waren schon immer Spezialist:innen für Fantasie, Kreativität und Zukunftsimagination.
Vorstellungskraft X wird geleitet von Prof. Dr. Friedrich von Borries, Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, Dr. Torsten Fremer, Vorstand der Agenturgruppe Units United und Geschäftsführer der Agentur Klubhaus in Köln und Alexander Doudkin, Start-up- und Non-Profit-Unternehmer aus Berlin. Die drei verbinden künstlerische Kreativität mit unternehmerischer Neugierde.
An den Programmen von Vorstellungskraft X sind renommierte Künstler:innen (Literatur, Musik, Bildende Kunst, Film) aus aller Welt beteiligt.

Publikation

Denken über Design

Hamburger Papiere zur Designtheorie und -forschung: designtheoretische Texte aus der HFBK Hamburg.

Eine Publikationsreihe theoretischer Abschlussarbeiten im Studienschwerpunkt Design der HFBK Hamburg, herausgegeben von Jesko Fezer und Friedrich von Borries.

Seit 2014 geben Jesko Fezer und Friedrich von Borries gemeinsam die interessantesten theoretischen Abschlussarbeiten im Studienschwerpunkt Design in einer kleinen, von Friederike Wolf gestalteten Heftreihe heraus.

Publikation

Architektur im Anthropozän

Ein architekturhistorisches Psychogramm fortgeschrittener Industrie­gesellschaften.

Wie müssen wir Architektur und ihre Geschichte neu denken, wenn der Versuch, die Erde für Menschen bewohnbar zu machen, zu ihrer Unbewohnbarkeit führt?
In seiner spekulativen Archä­ologie zeichnet von Borries ein Psychogramm fortgeschrittener Industrie­gesellschaften – und wagt einen Ausblick auf eine Architektur, bei der nicht allein der Mensch im Mittelpunkt steht.

Die Wurzeln des zerstörerischen Umgangs mit unserem Planeten liegen in unserer Geschichte. Friedrich von Borries nimmt deshalb die Perspektive zukünftiger Archäolog:innen ein, die sich auf die Suche nach den charakteristischen Bauten unserer Zeit machen.
Sie stoßen nicht nur auf repräsentative Architektur-Ikonen, sondern auch auf Müllverbrennungsanlagen und Serverparks, mehrstöckige Schweineställe und Saatgut-Tresore, die viel über unsere zerstörerische Produktions- und Lebensweise verraten.

Raum und Objekt

Denkmal über Ehrlichkeit

Installation über den Bauhäusler Franz Ehrlich im Bauhaus-Museum Weimar.

Im Rahmen der Ausstellung »Bauhaus und Nationalsozialismus« zeigen Friedrich von Borries, Jens-Uwe Fischer und Frieder Bohaumilitzky im Bauhaus-Museum Weimar die Installation Denkmal über Ehrlichkeit, das sie aus dem berühmten Typenmöbel 602 von Franz Ehrlich gebaut haben.

Die Installation dekonstruiert die komplexe Biografie des Architekten und Gestalters Franz Ehrlich (1907-1984), der Bauhäusler, Widerstandskämpfer und Buchenwaldhäftling war, aber auch SS-Architekt, Stasi-Informant und Hochstapler.

Publikation

Mahlzeit

Gastredaktion einer Ausgabe der Berliner Strassenzeitung Karuna Kompass zum Thema »Ernährung«

Liebe geht durch den Magen, und essen müssen wir alle. Doch so sehr die Notwendigkeit, regelmäßig etwas zu essen, uns als Menschen miteinander verbindet, so sehr trennt sie uns auch.
Doch was heißt es, sich gesund und zugleich sozial und ökologisch verantwortungsvoll zu ernähren? Und verbergen sich im Essen vielleicht auch Rezepte für eine solidarische Zukunft?

Nicht jede*r hat Zugang zu genügend und gesunden Nahrungsmitteln, weshalb sich in dem, was wir essen, soziale Ungerechtigkeit und wirtschaftliche Ungleichheit fortschreiben. Falsche Ernährung kann krankmachen und verringert die Lebenserwartung; gleichzeitig trägt die heutige Ernährungsweise zur ökologischen Zerstörung des Planeten bei, wodurch auch soziale Ungleichheit weiter verstärkt wird.
Deshalb widmet sich diese Ausgabe des Karuna Kompass dem Thema »Ernährung«. Sie entstand in Kooperation mit der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Denn viele Studierende interessieren sich nicht nur für Kunst, sondern vor allem für die Gesellschaft, in der sie leben und die sie verändern wollen. Deshalb findet ihr in diesem Heft Projekte und Denkansätze, bei denen nicht nur Liebe durch den Magen geht, sondern die solidarische Zukunft mit dem gemeinsamen Essen beginnt. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen, hoffentlich gute Anregungen für das eigene Leben und natürlich auch: Mahlzeit!

Intervention

Parcours für Veränderung

Ausstellung, Workshop und Mentor:innenprogramm für Führungskräfte von Volkswagen

Eine Ausstellung, Workshop und Mentor:innenprogramm für Führungskräfte von Volkswagen unter dem Motto: Transformation durch Kunst!
Volkswagen erprobt mit dem Parcours für Veränderung eine neue Form der Weiterbildung. 5.000 Führungskräfte setzen sich mit zeitgenössischer Kunst auseinander, lassen sich durch sie irritieren und befragen schließlich sich und ihr Unternehmen: »Wer könnten wir sein?«

Für gelingende Transformation braucht es Offenheit. Aber wie erzeugt man diese Offenheit in einer von Hierarchien und Erwartungshaltungen geprägten Unternehmenswelt? Wie lässt sich das Denken einer Organisation tiefgreifend verändern, damit Transformation wirklich gelingen kann?

Dazu durchlaufen 5.000 Führungskräfte einen mehrstündigen Parcours, in dem sie sich mit Kunstwerken, u.a. von Gregor Schneider, Julius von Bismarck, Tomas Saraceno und Erwin Wurm auseinandersetzen. Die Auseinandersetzung mit Kunst soll helfen, ins Nachdenken über sich selbst zu kommen – „Es geht um Selbstreflexion und die Frage, wer könnten wir sein“, so Gunnar Kilian, Konzernpersonalvorstand der Volkswagen AG und Ralph Linde, dem Leiter der Volkswagen Group Academy.

Die Idee für den Parcours hatte Ralph Linde, kuratiert wurde die Ausstellung von Friedrich von Borries und Torsten Fremer von Vorstellungskraft X.

Das Ziel des Ganzen? Die eigenen Selbstverständnisse hinterfragen. Mit der Frage »Wie durchbreche ich alte Muster?« durchlaufen die Manager:innen eine Installation von Gregor Schneider, mit »Wie viel Risiko bin ich bereit einzugehen«? konfrontiert der Filmemacher Jakob Brossmann sie mit den Wagnissen von Sicherheitsleuten und Fabrikbesetzer:innen, und mit dem Schriftsteller Juan Guse fragen sich die Teilnehmenden in der abschließenden Installation: »Welches Urteil wird einmal über uns gefällt werden?«

Doch auch das gemeinschaftliche kommt nicht zu kurz; auf dem Parcours backen die Manager:innen unter der Anleitung der Designer:innen Maciej Chmara und Ania Rosinke ihr eigenes Brot – tauschen dabei untereinander ihre Biome undlernen, dass alles was sie tun Spuren hinterlässt.

Ausgestellt sind die Arbeiten von 15 zeitgenössischen Künstler:innen, die zum Teil eigens für das Projekt entwickelt wurden, das in einer ehemaligen IndustrieMontagehalle auf dem Werksgelände in Wolfsburg installiert wurde. In Gruppen von 24 Personen durchlaufen die Teilnehmenden den 3-stündigen Parcours. Insgesamt drei Monate läuft das Programm. Im Anschluss haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, in vertiefenden Coachings von Künstler:innen und thematischen Workshops noch intensiver die eigenen Verhaltensmuster zu hinterfragen.

»Das Besondere unseres Ansatzes ist, dass es ganz ohne Erklärungen auskommt«, erklärt der Initiator Ralph Linde. »Im Fokus stehen Denkimpulse statt Rezepte und Fragen anstelle von Antworten.Anstatt an Verstand und Vernunft zu appellieren, geht es direkt in Herz und Bauch.«
Auch aus Sicht von Torsten Fremer ist der Parcours für Veränderung ein besonders Projekt. »Selten traut man sich bisher in Unternehmen, existentielle Fragen so offen zu stellen und zuzulassen.«
Nachdem die ersten 1.000 Teilnehmenden den Parcours absolviert haben, sind die Organisator:innen überzeugt, einen Nerv getroffen zu haben. Denn die Reaktionen sind sehr emotional – von Irritation und Traurigkeit zu Begeisterung und Freude. »Kunst«, so Friedrich von Borries, »erreicht Menschen eben an einem anderen Punkt als klassische Weiterbildungsmaßnahmen«. Dass die Teilnehmenden von den Erfahrungen, die sie in der Ausstellung machen irritiert werden, ist übrigens volle Absicht des Projektes. Denn am Ende ist nichts irritierender, herausfordernder als echte Veränderung.

2023

Stadt

Hauptstadt der Folgenlosigkeit

Ein ein-jähriges urbanes Spektakel als Erprobungsversuch in freudvoller Unterlassung

Von Mai 2022 bis April 2023 war Heilbronn »Hauptstadt der Folgenlosigkeit«. Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Harry Mergel organisierte der »Bund der Folgenlosen« mit zahlreichen lokalen Akteur:innen und Institutionen eine Reihe von Ausstellungen, Lesungen, Konzerten, Festen, Performances und Vorträgen, die sich alle um Folgenlosigkeit, Nicht(s)tun und Vermeidung drehten.

Im Zentrum des urbanen Spektakels stand ein Bürger:innenstipendium als Erprobungsversuch freudvoller Unterlassung - das »Stipendium für Nicht(s)tun«, welches Anfang Mai 2022 in der Stadt ausgeschrieben wird. 5.000 Euro sollen drei Bürger:innen erhalten, um etwas nicht zu tun. Die Gewinner:innen wurden in einem basisdemokratischen Experiment von allen Teilnehmenden ermittelt. Einzige Teilnahmebedingung: Alle, die mitmachen, mussten am Ende auch für drei Monate dem Vorbild der Gewinner:in folgen.

Im Rathaus wurde ein »Amt für Folgenlosigkeit« eingerichtet, in dem Bürger:innen ihre eigenen Ideen und Vorschläge zur Folgenlosigkeit einbringen können – denn die »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« war nicht nur ein diskursives Kunst-, sondern auch ein Stadtentwicklungsprojekt. Es sollte in der Stadt eine lebendige Diskussion anregen, wie die Bürger:innen ihre Zukunft gestalten wollen. Ein Stadtschreiber (Alexander Estis), ein Fotograf (Nico Kurth) und ein Filmteam (Rebecca Panjan) dokumentierten die Aktivitäten und die sich daraus entwickelnden Dynamiken.

Zum Abschluss wurde ein Rechenschaftsbericht im Heilbronner Kunstverein ausgestellt. Zur Finissage wurde der »Bund der Folgenlosen« im Neckar zu Grabe getragen.

Ausstellung

Rechenschaftsbericht

Eine Installation im Kunstverein Heilbronn legt Rechenschaft über die »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« ab.

Mit einer mehrteiligen Installation im Kunstverein Heilbronn legen die künstlerischen Leiter der »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« – Friedrich von Borries, Tobias Frühauf und Philipp Wolpert – Rechenschaft über Erfolg, Scheitern und Zukunft der urbanen Versuchsanordnung ab. Präsentiert werden Fotografien, Texte, ein Film sowie verschiedene interaktive Stationen, die das zwölfmonatige Projekt künstlerisch reflektieren.

In mehreren Stationen zeichnet die Ausstellung Phasen und Ansätze des Kunstprojektes nach: Der Film „Folgen Los“ (2022) von Rebecca Panian dokumentiert das Stipendium für Nicht(s)tun, Stadtschreiber Alexander Estis liest „Nichts über Heilbronn“ und ein Chatbot lädt zum virtuellen Austausch. Nico Kurth seziert die Stadt in seinen fotografischen Streifzügen und der Bund der Folgenlosen seine Vereinsstrukturen auf dem Tapeziertisch. Dokumentarische, performative und interaktive Elemente geben so Einblick in die „Hauptstadt der Folgenlosigkeit“, die als Experimentierfeld für Kunst und Stadtentwicklung in einer einmaligen Kooperation mehr als 20 Kulturinstitutionen und Akteur*innen in Heilbronn zusammenbrachte. Die Ausstellung hinterfragt zugleich Folgenlosigkeit als (gescheitertes) Ideal für gemeinschaftliches Zusammenleben – und würdigt die Utopie eines Lebens, das keine negativen Folgen für andere Menschen, Lebewesen und die Umwelt hat.

Ausstellung

Die Zukunft gehört den Pilzen

Eine Ausstellung im Künstlerhaus Lauenburg über Pilze und ihre gesellschaftspolitische Bedeutung.

Pilze sind in aller Munde - und gleichzeitig eine Metapher für eine andere Art, unseren Zugang zur Welt zu gestalten. Pilze sind genügsam und kooperativ. Ihre Intelligenz ist nicht individuell, sondern kollektiv, sie kommunizieren nicht nur untereinander, sondern auch mit den sie umgebenden Pflanzen. Die Ausstellung zeigt Kunstwerke, die sich der Welt der Pilze auseinandersetzen - politisch und poetisch, spekulativ uns sinnlich.

Pilze sind weit mehr als aromatische Fruchtkörper. Die Wurzeln vieler Pilzarten bilden im Erdboden ein Netzwerk. Dieses Myzel kann sich über mehrere Quadratkilometer ausdehnen und ist als sich wandelnder Organismus quasi unsterblich. Durch das Myzel stehen die Pilze im Nährstoffaustausch mit Bäumen und anderen Pflanzen. Ihre symbiotischen Beziehungen sind unerlässlich für das Ökosystem.
Pilzkulturen verfügen über eine kollektive Form von Intelligenz und können eine Vielzahl an Geschlechtern aufweisen. Manche Pilze eignen sich zum Verzehr, andere können krank machen, aus weiteren werden Arzneien oder nachhaltige Werkstoffe hergestellt.

Eine wichtige Inspiration für die Ausstellung, die im Rahmen eines ein-jährigen Seminars an der HFBK Hamburg entstanden ist, war das Buch “Der Pilz am Ende der Welt. Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus” der Anthropologin Anna Lowenhaupt Tsing. Es stellt nicht nur die Potentiale von Pilzen dar, sondern sucht angesichts der Krisen der Gegenwart nach Strategien für einen post-kapitalistischen Neuanfang. Tsing sucht nach neuen Blickwinkeln, (Über-)Lebensformen und Paradigmen - der Matsutake-Pilz wurde dabei ihr Wegweiser in eine Art Parallelwelt. Ihre Forschungen über Matsutake-Vorkommen in von Menschen zerstörten Wäldern eröffneten ihr Einblicke in unkonventionelle Sammler- und Händlerstrukturen, die durch prekäre Lebenssituationen entstanden. Tsings analytisch-poetische Vorgehensweise beruht auf “Begegnungen”; ein Prinzip, das für die Ausstellung in eine offene “Pilzsprechstunde” übersetzt wurde. Die ausgestellten Kunstwerke stammen von aktuellen und ehemaligen Studierenden der HFBK Hamburg. Sie bilden die Fruchtkörper, die das Seminar als Myzel hervorgebracht hat. Ergänzend gibt es ein Programm mit Performances und Begegnungsangeboten.

Die wundersame Welt der Pilze fasziniert und verspricht weitere bahnbrechende Lösungen und Erkenntnisse. Zeigt der Pilz uns auch einen Ausweg aus den mit dem Klimawandel einhergehenden Krisen? Die Anpassungsfähigkeit und die ko-existenzielle Lebensweise von Pilzen sollten uns ein Vorbild sein. Denn die Zukunft der Pilze ist hoffnungsvoll. Können wir vielleicht auch eine symbiotische Beziehung zu ihnen und der Natur aufbauen?

2022

Publikation

Ungelegte Eier

Beim Mittagessen spricht Friedrich von Borries mit Gästen über Unfertiges – eine Kolumne für Monopol.

Einmal im Monat lädt Friedrich von Borries zum Mittagessen, um gemeinsam über Unfertiges zu sprechen – und im Idealfall gemeinsam etwas Neues auszubrüten. Darüber schreibt er dann einen kurzen Text für die Webseite der Kunstzeitschrift Monopol.

Zu den bisherigen Gästen zählten Künstler:innen wie Björn Dahlem, Sam Durant, Jorinde Voigt, Isa Melsheimer; Architekt:innen wie Gesine Weinmiller, Bettina Krauss, Wilfried Kühn, Roger Bundschuh, Amandus Sattler; Schriftsteller:innen wie Nora Bossong, Emma Braslavsky und Asmus Trautsch, Designer:innen wie Gesche Joost, Axel Kufus, Jessica Charlesworth, Tim Parsons, Anja Rosinke, Maciej Chmara.

Intervention

Stipendium für Nicht(s)tun

Was würden Sie unterlassen, wenn Sie 5000 Euro bekommen? Das fragte das »Stipendium für Nicht(s)Tun«.

Was würden Sie unterlassen, wenn Sie dafür 5000 Euro bekommen? Das fragte das »Stipendium für Nicht(s)Tun« im Rahmen des Stadt- und Kunstprojektes »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« in Heilbronn. Über 200 Leute nahmen teil! Sie gingen der Frage nach, wie ein sinnvolles Leben vor dem Hintergrund von Klimawandel und sozialer Ungleichheit zukünftig aussehen kann – und gründeten schließlich ein »Nicht(s)tun-Kollektiv«.

Nichts Neues kaufen, kein Essen verschwenden, kein Fleisch, dafür kostenloses Mittagessen anbieten: Drei Heilbronner:innen wurden mit dem »Stipendium für Nicht(s)tun« ausgezeichnet. Sie erhalten jeweils 5.000 Euro dafür, drei Monate etwas nicht zu tun und damit negative Folgen für sich und andere zu vermeiden. Das Stipendium ist Herzstück des Kunst- und Stadtentwicklungs-projektes „Hauptstadt der Folgenlosigkeit“, das bis Mai 2023 mit zahlreichen Akteur:innen und Partnerinstitutionen in Heilbronn der Frage nachgeht, wie ein Leben vor dem Hintergrund von Klimawandel und sozialer Ungleichheit zukünftig aussehen
kann.

Basis-Demokratische Gameshow

In einer interaktiven Gameshow hatten sich Angela Manetto, Larissa Sperrfechter und Jonas Kachel am Samstag, 16. Juli 2022, gegen ihre Mitstreiterinnen durchgesetzt. Die zehn Finalistinnen waren zuvor in einem demokratischen Prozess aus über 200 Bewerbungen ausgewählt worden. „Ich bin sprachlos und freue mich sehr“, dankte Larissa Sperrfechter dem Publikum, das in mehreren Abstimmungsrunden die Siegerideen kürte. Die 31 Jahre alte Betreiberin eines Vintage-Shops in Heilbronn will drei Monate lang keine neuen Produkte kaufen und mit dem Stipendium das Angebot ihres Ladens erweitern, der zukünftig auch Raum für Upcycling-Workshops bieten soll.

Die Shortlist

Angela Manetto (41), Leiterin der Jugendherberge Heilbronn, will im dortigen Bistro drei Monate lang jeden Mittwoch auf Fleisch verzichten und dafür regionale Demeter-Produkte anbieten. Darüber hinaus wird die Jugendherberge 44 Essensboxen verteilen, die in der Stadt kursieren sollen und gegen ein Essen am Mittwoch eingetauscht werden können, damit auch Bedürftige eine gesunde Mahlzeit erhalten können. „5.000 Euro reichen für 572 gesunde Mittagessen“, sagt Manetto, die hofft, dass ihre Idee auch von anderen Restaurants und
Institutionen aufgegriffen wird.
Jonas Kachel (29) wiederum stellt 20 Haushalten seine Kenntnisse als Koch zur Verfügung: Aus den Zutaten, die in den jeweiligen Küchen zu finden sind, wird er ein gutes und gesundes Essen kreieren und damit zugleich Lebensmittel vor dem Wegwerfen bewahren. Da es ihn, wie er sagt, nichts koste, seine Fähigkeiten für andere einzusetzen, gibt Kachel das Preisgeld zu gleichen Teilen an drei weitere Bewerber*innen des ‚Stipendium für Nicht(s)tun‘ weiter, die in der letzten Finalrunde ausgeschieden sind. Über jeweils 1.666 Euro freuen dürfen sich Gerit Kopietz-Sommer, die nichts Brauchbares wegwerfen und eine neue Schenk-Kultur etablieren möchte, Marina Murmann, die ein Recycling-System für Zigarettenkippen plant, und Benedikt Supper, der mithilfe von VR-Technologie den Blick für Kinderarbeit bei der Rohstoffgewinnung schärfen will.

Die Endauwahl

Alle Bewerber*innen kamen am Samstag, 15. Oktober 2022, wieder zusammen: Bei einem festlichen Akt wurde die Idee von Jonas Kachel zum Prototypen gewählt. Diesem sollen für die restliche Laufzeit der »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« alle folgen, die sich auf ein »Stipendium für Nicht(s)tun« beworben hatten.

Das Nicht(s)tun-Kollektiv

Daraufhin gründete sich das »Nicht(s)tun-Kollektiv« als Zusammenschluss von Bürger:innen, die ihre Talente und Fähigkeiten anderen unentgeltlich zur Verfügung stellen wollen. Drunter ein Krankenpfleger, eine Fotografin, eine Mental-Trainerin, eine Hundetrainerin und eine Kinderpädagogin. Sie folgen der Prototyp-Idee und dem Vorbild des Gewinners des Stipendiums für Nicht(s)-Tun Jonas Kachel.

Intervention

Amt für Folgenlosigkeit

Im Rathaus von Heilbronn bot der »Bund der Folgenlosen« eine Sprechstunde über Folgenlosigkeit an.

An zwei Tagen in der Woche bietet der Bund der Folgenlosen Sprechstunden an. Bewerber:innen, die keine Online-Bewerbung durchführen können, Rückfragen zum Stipendium für Nicht(s)-Tun oder zum Projekt »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« haben, finden im »Amt für Folgenlosigkeit« Unterstützung und Auskunft. Das Projektteam ist zu den Sprechzeiten auch Ansprechpartner für Personen, die gerne selbst ein Format innerhalb des Festivals »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« durchführen oder entwickeln wollen.

Im Rahmen des Projektes »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« wurde 2022 im Schul-, Kultur- und Sportamt der Stadt Heilbronn ein »Amt für Folgenlosigkeit« eingerichtet. An zwei Tagen in der Woche bot der Bund der Folgenlosen dort Sprechstunden an. Bewerber:innen, die keine Online-Bewerbung durchführen konnten, Rückfragen zum Stipendium für Nicht(s)-Tun oder zum Projekt »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« hatten, fanden im »Amt für Folgenlosigkeit« Unterstützung und Auskunft. Das Projektteam war auch Ansprechpartner für Personen, die gerne selbst ein Format innerhalb des Festivals »Hauptstadt der Folgenlosigkeit« durchführen oder entwickeln wollten.
Zumindest temporär wurde so die Folgenlosigkeit im Rathaus der Stadt institutionalisiert – eine Intervention in die Kommunalpolitik.

Beteiligte

Friedrich von Borries, Tobias Frühaus, Philipp Wolpert

Publikation

Gefangen in der Titotalitätsmaschine

Biografischer Essay über den Bauhäusler Franz Ehrlich – und die Ambivalenzen der Moderne.

Ein biografischer Essay über den Bauhäusler Franz Ehrlich – und die Ambivalenzen der Moderne. Begonnen hatte das bewegte Architektenleben Franz Ehrlichs (1907-1984) am Bauhaus in Dessau. 1937 wurde er als Widerstandskämpfer ins KZ Buchenwald gebracht, wo er das Tor mit der Inschrift »Jedem das Seine« gestalten musste. Aber auch in der DDR machte er Karriere – und stieß an die Grenzen des Systems.

Zunächst nahm Ehrlichs Karriere in der DDR Schwung auf, das Funkhaus Nalepastraße, bis 1990 Sitz des Rundfunks der DDR und heute ein beliebtes Ausflugsziel, gilt als sein wichtigstes architektonische Werk. Aber sein umfassender Geltungsanspruch kollidierte mit den politischen Leitlinien. Für ihren biographischen Essay begeben sich der Designtheoretiker Friedrich von Borries und der Historiker Jens-Uwe Fischer auf die Spuren eines lange vergessenen Bauhäuslers. Dabei reflektieren sie über die Widersprüche in Ehrlichs Biografie sowie die Ambivalenzen und den Totalitätsanspruch der Moderne.

»Von Borries und Fischer [...] sind also Experten für eine Design- und Architekturgeschichte, in der zusammenkommt, was nicht so recht zusammenpassen will.«

Philipp Hindahl, der Freitag

»Von Borries und Fischer haben ihre biografische Annäherung pointiert formuliert, lesenswert ist sie auch deshalb, weil in ihr auch eine kleine Architektur- und Kunstgeschichte der DDR steckt.«

Christian Schröder, Der Tagesspiegel

»Von Borries und Fischer ordnen diese Punkte im Leben eines Wendehalses kritisch ein und lassen an den richtigen Stellen Freiraum für die eigene Meinungsbildung, was gut und wichtig ist.«

Anton Rahlwes und Nina Sieverding, Die Form

2021

Publikation

Hochstapelei, Betrug und andere Künste

Was erzählt Hochstapelei über unsere Gesellschaft? Ein Magazin über eine unterschätzte Kunstform.

Hochstapler:innen gab es schon immer: Menschen, die vorgetäuscht haben, jemand zu sein, der oder die sie nicht waren, über Fähig- oder Fertigkeiten zu verfügen, die sie nicht beherrschten. Aber was erzählt das Phänomen der Hochstapelei über die Gesellschaft, in der es auftaucht? Welche Form von Hochstapelei fördert der Kapitalismus, in dem wir uns andauernd präsentieren, vermarkten, verkaufen müssen – und uns deshalb als schöner, erfolgreicher, bedeutsamer darstellen, als wir sind?

Die Pflicht zur Selbstdarstellung

Der Amerikaner Dale Carnegie bot ab den 1910er Jahren Kurse in positivem Denken, Rhetorik und Selbstdarstellung an. Er hatte – lange vor Facebook, Instagram, LinkedIn und Co – erkannt, dass im gegenwärtigen Kapitalismus alle Menschen zu Selbstdarstellern und Selbstverkäufern werden. Boris Groys spricht deshalb davon, dass wir alle eine »Pflicht zum Selbstdesign« hätten. In einer Gesellschaft, die alles vermarktet, müssen wir uns beständig weiterentwickeln, optimieren und die Ergebnisse dieses Selbstverbesserungsprozesses nach außen darstellen.

Von der Selbstdarstellung zum Betrug

Nun ist Selbstdesign, Selbstdarstellung und Selbstverkauf noch keine Hochstapelei. Denn erstens ist Hochstapelei Betrug. Das, was verkauft wird, entspricht nicht dem, was dargestellt wird: das Kunstwerk wurde nicht von der berühmten Künstlerin gemalt, die als Urheberin ausgegeben ist; die Ärztin hat nicht Medizin studiert; die ausgezahlte Dividende stammt nicht aus dem versprochenen Gewinn des Unternehmens, sondern aus den Einlagen anderer Anlegerinnen. Diese Form von Betrug ist in vielen Fällen strafbar, in vielen auch nicht. Jeder kennt die Mogelpackung, die einen größeren Inhalt vorgibt, als sich tatsächlich darin befindet. Aber erlaubt sind 30% (heiße) Luft, erst danach beginnt der Betrug. Es kommt, so scheinte es, auf den Grad der Abweichung an. Ein leicht frisierter Lebenslauf und die Verwendung von Instagram-Filtern kommen in den besten Familien vor – man darf es halt nicht übertreiben. Doch die Grenzen zwischen geschönter Selbstdarstellung und echter Hochstapelei sind fließend. Nehmen wir zum Beispiel den Immobilien- oder den Aktienmarkt: Natürlich gibt es bei allen Beteiligten die Erwartung, dass ein Investment eine hohe Gewinnsteigerung mit sich bringt, und diese Erwartungshaltung schafft den Nährboden für das Spannungsfeld zwischen (erlaubter) Schönmalerei und (verbotener) Hochstapelei.

Hochstapelei als Kunstform

Mit der Schönmalerei wären wir bei der Kunst angekommen. Kunst ist besonders anfällig für Hochstapelei. Die Welt der Kunst bietet eine toxische Mixtur aus hohen Renditeerwartungen, immer wieder proklamierten immateriellen Werten und Jet-Set-Allüren. Der materielle Wert eines Kunstwerkes hängt nicht von den verwendeten Materialien ab, sondern ist fiktiv, generiert sich aus der Selbstbehauptung der Künstler*in – und der Akzeptanz dieser Selbstbehauptung am Kunstmarkt. Wie also will man in einer Welt, in der nicht der materielle Wert, sondern die Einzigartigkeit der konzeptionellen Idee den Wert bestimmt, zwischen dem »wahren Wert« und der hochgestapelten Behauptung differenzieren?

Intervention

Was ist gut?

Jedes Jahr lobt der Deutsche Designer Club (DDC) einen Wettbewerb aus. 2021 war alles anders. Statt nach glossy Lösungen zu suchen, die nach allen Regeln der Kunst einen Preis verdient hätten, wurde unter der Schirm—schaft von Fried­rich von Borries nach Projekten gefragt, die die Welt verbessern.
Die Gewinner:innen wurden von den Teilnehmenden in einem basisdemokratischen Prozess ermittelt.

60 weltverbessernde Ideen
1 demokratischer Prozess
10.000 Euro

Gemeinsam mit dem DDC initiierte Friedrich von Borries als Schirm_schaft (um die »Herrschaft« zu umgehen) eine andere Form von Design-Wettbewerb, bei dem weniger das Konkurentielle, sondern das Partizipation im Vordergrund stand. »Dieser Wettbewerb war anders«, urteilte der DDC rückblickend. Das Konzept: Statt nach den glossy Lösungen zu suchen, die normalerweise »nach allen Regeln der Kunst« eine Auszeichnung verdient hätten, fragte der DDC bei dieser Ausgabe des jährlichen Designwettbewerbs nach Einreichungen für Projekte gefragt, die die Welt verbessern.
Auch das Vergabeprocedere war anders als gewohnt, die heilige Expert:innen-Jury wurde - zumindest ein Stückweit - aufgelöst.
Insgesamt wurden 266 Projekte in den 3 Kategorien »Produkt«, »Raum« und »Kommunikation« ein­ge­reicht. 60 davon standen auf der Shortlist. 88 Juror:innen – alle DDC Mitglieder – haben diese Ent­scheidung getroffen.
Am 16. und 17. September 2021 fanden der Teilnehmer:innen-Work­shop, das Jury-Symposium und die Preis­ver­leih­ung in Frankfurt am Main statt. In diesem Workshop entschieden die 60 Nominierten in einem basis-demokratischen Prozess, wer von ihnen ins Finale kommen und wie das Preisgeld verteilt werden sollte. Am 17. September fand das Symposium, die Wahl der Ge­winner­:innen durch das gesamte Publikum und die Gala mit der Preisverleihung statt. Vergeben wurde ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro.
Es wurden also verschiedene demokratische Verfahren erprobt, die das expertokratische Modell »Jury« ersetzen sollten.

Einige weiterführende Gedanken finden sich im Podcast "Was ist gut?" des Deutschen Designer Club (DDC).

Publikation

100 Jahre Zukunft

Jubiläumszeitung zum 100-jährigen Bestehen der hessischen Wohnungsbaugesellschaft NHW

Anläßlich ihres 100-jährigen Bestehens hat die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) die Jubiläumszeitung "100 Jahre Zukunft" herausgebracht. Äußerlich unterscheidet sie sich kaum von einer gewöhnlichen Tageszeitung. Inhaltlich beschäftigt sie sich allerdings zu 100 Prozent mit Themen der NHW. Natürlich handelt es sich hierbei keineswegs um eine allumfassende, erschlagende Firmenbiografie der letzten 100 Jahre. Die Verantwortlichen haben vielmehr eine knapp 30-seitige Momentaufnahme der NHW in Printform erstellt. Thematisch ist diese in acht Kapitel gegliedert: Wohnen, Bestand, Mobilität, Soziale Verantwortung, Machbarschaftsprojekte, Grünraum, Smart Innovation und Aus aller Welt. Zu jedem Abschnitt gibt es jeweils ein Interview, eine Reportage und einen Bericht. Den Lesenden bietet die Zeitung aufschlussreiche Artikel über aktuelle und zukünftige Themen, bereitgestellt von und mit Experten, Journalisten, Mitarbeiter:innen und Siedlungsbewohner:innen.

Ausstellung

Übungsraum für Kritik (DIY-Kit)

Der »Übungsraum für Kritik« ist eine Versuchsanordnung zum Erproben von Kritik – jetzt auch als DIY-Kit.

Die Ausstellung »Übungsraum für Kritik« ist eine Versuchsanordnung zum aktiven Erproben von Kritik. Sie widmet sich den Fragestellungen: Wie können wir das Üben von Kritik erlernen, welche Werkzeuge benötigen wir dafür und wie können wir uns auf Situationen vorbereiten, in denen wir (positive/negative) Kritik äußern und annehmen möchten?
Beim Goethe-Institut jetzt auch als DIY-Kit.

Kritikfähigkeit ist eine Sozialkompetenz, die für ein demokratisches Zusammenleben konstitutiv ist. Denn es ist wichtig in einen Austausch mit anderen zu kommen und über unterschiedliche Standpunkte zu verhandeln. Um diese Sozialkompetenz zu fördern, muss man Mut haben, Zuhören können und seinen eigenen Standpunkt (er-)kennen. Die größte Kunst beim Kritik üben ist, einem anderen Menschen zu sagen, wie wir ihn sehen oder zu einem Thema stehen, ohne ihn dabei zu verletzen – und uns im Gegenzug die Meinung und Wahrnehmung von anderen anzunehmen, ohne uns dabei verletzt zu fühlen.

In Form eines Zirkeltrainings ermöglicht der Übungsraum die eigene Kritikfähigkeit gezielt zu trainieren. Jede Station konzentriert sich auf einen Bereich des Kritik-Übens, damit spezifische Kompetenzen erworben und in Alltagssituationen angewandt werden können.

Der Übungsraum für Kritik (DIY-Kit) ist eine Kooperation der HFBK Hamburg mit der Kursbuch Kulturstiftung und dem Goethe Institut - und kann kostenlos genutzt werden. Interessierten steht hier eine Bauanleitung, die erforderlichen Texte sowie ein Vermittlungsprogramm zur Verfügung.

Download hier!

Film

Die Kunst der Folgenlosigkeit

Ein Film über Nachhaltigkeit und die Aufgabe der Kunst in Zeiten der ökologischen Katastrophe.

Was ist Kunst, was kann, soll sie politisch bewirken? »Die Kunst der Folgenlosigkeit« ist ein Film über die Aufgabe der Kunst in Zeiten der ökologischen Katastrophe. Wie wichtig ist Erfolg und was bedeutet es, ein Leben ohne negativen Folgen zu führen? In einer Collage aus fiktionalen und dokumentarischen Szenen entpuppt sich die »Kunst der Folgenlosigkeit« als ein unmögliches, aber dennoch erstrebenswertes Ideal.

Ein Film über die Macht der Kunst, uns Wege aus der Klimakatastrophe aufzuzeigen. Das war der Plan. Doch am Set entwickeln sich die Dinge anders. Schauspielerinnen, Protagonistinnen und Filmemacher konfrontieren sich mit ihren Wünschen und Ängsten, mit Revolution, Selbstbetrug und den ökologischen Folgen des eigenen Handelns. Zweifel kreisen um den Vorwurf der Folgenlosigkeit. Dabei entpuppt sich die utopische »Kunst der Folgenlosigkeit« als ein Leben, das anderen keinen Schaden zufügt: ein unmögliches, aber erstrebenswertes Ideal. Fiktionale Zuspitzung trifft auf dokumentarische Reflexion und zelebriert die Schönheit des Scheiterns und den Abschied vom Erfolg.

2021 lief »Die Kunst der Folgenlosigkeit« im Wettbewerb des DOK Fest München.

Publikation

Fest der Folgenlosigkeit

Ein Roman über Kunst, Selbstüberschätzung und Gewalt – und ein Museum für ökologische Kunst.

Ein Roman über Kunst, Nachhaltigkeit und ein Museum für ökologische Kunst. Selbstüberschätzung trifft auf Lebensangst, Verzweiflung auf Hoffnung, Aktivismus auf Gewalt. Unerwartete Beziehungen entstehen, die im verschwenderischen »Fest der Folgenlosigkeit« ihren explosiven Höhepunkt finden.

Die Managerin Cornelia bittet den Kurator Florian, für die »Stiftung Nachhaltigkeit der Deutschen Industrie« ein Museum für ökologische Kunst zu entwickeln. Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt?
Florians Projekt bringt ihn mit der Künstlerin Lisa zusammen, die Bäume pflanzt, um daraus Holzkohle für ihre Installationen und Zeichnungen herzustellen – und damit in ihren Kunstwerken C02 aus der Atmosphäre zu binden. Er trifft John, der als radikaler Öko-Aktivist gegen die Kohleindustrie und die Abholzung des Goldbacher Forstes kämpft, den Flüchtling Issa, der Florians Selbstgewissheiten hinterfragt, die frustrierte PR-Frau Suzanna, die für die EU Umweltpolitik macht, aber lieber Bienen züchten will, und den Bergmann Ronald, der Sorge um seinen Arbeitsplatz hat. Selbstüberschätzung trifft auf Lebensangst, Verzweiflung auf Hoffnung, Aktivismus auf Gewalt. Unerwartete Beziehungen entstehen, die im verschwenderischen »Fest der Folgenlosigkeit« ihren explosiven Höhepunkt finden.

Publikation

Macht und Ohnmacht der Weltgestaltung

Die Menschen erscheinen als die mächtigsten Wesen, die es auf dieser Welt je gab. Gleichzeitig erleben wir uns als ohnmächtig. Wie mit dieser Gleichzeitigkeit von Macht und Ohnmacht umgehen? Der Essay wandert von den antiken Göttern zu den Müllbergen der Gegenwart und vergleicht den Stein des Sisyphos mit dem Kampf gegen den Klimawandel.
Ein Radioessay für den Deutschland-Funk.

Was ist Macht, und was Ohnmacht? Macht über wen? Ohnmacht – wem gegenüber? Die Menschen der Gegenwart erscheinen als die mächtigsten Wesen, die es auf dieser Welt je gab. Sie haben den gesamten Planeten überformt, inzwischen gibt es mehr von Menschen gestaltete Materie als Biomasse. Die Summe der von Menschen geschaffenen Dinge – zum Beispiel Gebäude, Straßen und Brücken, aber auch Plastikflaschen, Zahnbürsten und Radiogeräte – überwiegt die Masse aller Lebewesen, also aller Tiere und Pflanzen, die sich derzeit auf der Erde befinden. Wir leben im Anthropozän, dem Erdzeitalter, in dem der Mensch zum bestimmenden Faktor für unser globales Ökosystem und das Fortbestehen unserer Lebensgrundlagen geworden ist. Gleichzeitig erleben wir uns als ohnmächtig, in systemischen Zwängen gefangen, und einem Virus wie Covid-19 hilflos ausgeliefert. Manche verstehen die Pandemie sogar als Strafe der Natur, als Strafe für menschgemachte Probleme, als Strafe für ihre Anmaßung, die Welt beherrschen und nach ihren Vorstellungen verändern zu wollen.
Wie also mit dieser Gleichzeitigkeit von Macht und Ohnmacht umgehen? Und wie ein Verhältnis zur Welt entwickeln, das keine Anmaßung ist?
Bei Macht und Ohnmacht, Anmaßung und Strafe muss ich an Sisyphos denken, an eine Geschichte, die, auch wenn sie weit mehr als 2.000 Jahre alt ist, auch heute noch viel zu sagen hat – wenn man sie neu interpretiert, indem man ihren Rahmen etwas erweitert.

Sisyphos

Ich beginne beim klassischen Narrativ aus der griechischen Mythologie. Sisyphos trägt, schiebt, schleppt einen schweren Stein, einen großen Felsbrocken einen Berg hinauf, und, kaum oben angekommen, rollt der Stein wieder herunter. Der Arme bringt den Stein wieder hinauf, der Stein rollt herunter, das Ganze beginnt von Neuem, immer wieder, immer wieder. Die sinnlose Tätigkeit hat kein Ende.
Doch wofür diese ewige, sinnlose Tätigkeit? Sisyphos hatte sie als Strafe erhalten, weil er nicht sterben wollte, – eigentlich verständlich – und deshalb mehrmals versucht hatte, die Götter hinters Licht zu führen.
Das Ganze begann so: Als Thanatos, der griechische Gott des Todes, ihn ins Totenreich zu bringen versucht, macht Sisyphos ihn betrunken und fesselt ihn. Nun kann Thanatos weder ihn noch andere Menschen aus dem Leben geleiten, der Tod ist außer Gefecht gesetzt. Sisyphos bleibt unter den Lebenden. Doch die Wirkung dieses Tricks ist nur von kurzer Dauer, denn Ares, der griechische Gott des Krieges, kann auf das Sterben nicht verzichten. Ohne den Tod würden Kriege kein Ende finden und gingen ewig weiter. Deshalb befreit Ares Thanatos und geleitet Sisyphos persönlich ins Totenreich.
Doch Sisyphos behilft sich wiederum mit einem Trick. Im letzten Moment, bevor Ares ihn ins Totenreich bringt, bittet Sisyphos seine Frau, ihm auf keinen Fall das traditionelle Totenopfer darzubringen. Aber Totsein ohne Totenopfer, das geht im alten Griechenland nicht. Deshalb wendet Sisyphos sich an Hades, den Gott der Unterwelt, und bittet ihn um Erlaubnis für einen kleinen Ausflug zurück ins Leben, damit er diese missliche Angelegenheit in Ordnung bringen kann. Dies wird ihm gewährt. Doch statt sich um sein Totenopfer zu kümmern, genießt Sisyphos das Leben unter den Lebenden. Dieser Zustand hält jedoch nicht lange an, auch diese glückliche Wendung ist für Sisyphos nur von kurzer Dauer. Sich gegen den Tod aufzulehnen, bringt am Ende nichts, letztlich ist man ihm gegenüber machtlos.
Sisyphos muss zurück in die Welt der Toten – und erhält dort eine Strafe, eine nichtendende, qualvolle Strafe, die für ihn furchtbar gewesen sein muss.
Homer lässt Odysseus im XI. Gesang der Odyssee die Situation von Sisyphos im Reich der Toten folgendermaßen beschreiben:
„Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Müh gefoltert. Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben. Angestemmt, arbeitet er stark mit Händen und Füßen ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt er ihn jetzo / Auf den Gipfel zu drehn: da mit einmal stürzte die Last um; Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor Und von vorn arbeitet er, angestemmt, dass der Angstschweiß seinen Gliedern entfloss und Staub sein Antlitz umwölkte.“
Pathetische Worte. Aber mir, aus dem Hier und Jetzt, stellen sich angesichts dieser Worte viele Fragen. Wer war Sisyphos? Was hat Sisyphos noch gemacht, außer, dass er dem Tod entwischen wollte? Vielleicht ist das nachvollziehbare Ungehorsam gegenüber Thanatos und Hades nur ein vorgeschobener Grund, und in Wirklichkeit wurde Sisyphos für etwas ganz anderes bestraft.

Strafe

Dann gibt es noch etwas, was ich nicht verstehen kann: Warum nimmt Sisyphos die Strafe an? Was treibt ihm den Angstschweiß ins Gesicht? Er ist im Totenreich, was soll ihm Schlimmes passieren? Und schließlich: Um welchen Berg handelt es sich eigentlich? Und was hat es mit diesem Stein auf sich?
Sisyphos war nicht irgendwer, er war ein König – und er war der Gründer der Stadt Korinth. Und vielleicht ist das sein Vergehen. Vielleicht wurde er von den Göttern bestraft, weil er eine Stadt gegründet hatte. Denn die Stadt ist die Abkehr von den Zyklen der Natur. Die Stadt ist ein eigener, von Menschen geschaffener Organismus, der sich inzwischen über die ganze Welt ausgebreitet hat. Die Stadt ist der Ort der Emanzipation, des fortwährenden Versuchs der Selbstbefreiung des Menschen. Und die Stadt ist der Motor des Fortschritts, in ihr kamen Wissenschaft und Kunst erstmals zu einer Blüte, in ihr wurde die Idee der Demokratie geboren und in der Stadt entwickelte sich die Aufklärung. Die Stadt, so stelle ich mir vor, ist den Göttern von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen, sie wussten, dass sie in ihr sterben werden. Heute lebt die Mehrheit der Menschen in Städten, und glaubt man den Prognosen der Vereinten Nationen, werden die Städte in den nächsten Jahren weiterwachsen und immer mehr Menschen in ihnen wohnen. In Deutschland wohnen heute fast 80 Prozent der Menschen in Städten, in Belgien sind es bereits 98 Prozent. Irgendwann wird „Stadt“ der ausschließliche Lebensraum aller Menschen sein – und in diesem komplett vom Menschen gestalteten Lebensraum wird noch weniger Platz für Götter sein als heute schon.
Vielleicht ist die Stadtgründung Sisyphos‘ eigentliche Anmaßung, die im Versuch, den Tod zu überwinden, kulminiert; ein Versuch, von dem auch heute noch viele Menschen träumen. Zumindest ist es gelungen, die Lebenszeit zu verlängern – auch wenn die Menschen dabei, siehe Covid-19, von der Natur immer wieder zurückgeworfen werden. Die Stadt ist nach wie vor ein utopischer Raum und Sehnsuchtsort, auch wenn viele Erwartungen, Wünsche und Träume, die sich mit Stadt verbinden, bis heute nicht erfüllt sind – und die kapitalistische Stadt nach wie vor globale Ungerechtigkeit, Armut und Ohnmacht produziert. „Wir arbeiten noch dran“, könnte man Sisyphos, so er denn immer noch im Totenreich seinen Stein den Berg hinaufträgt, zurufen.
Die Strafe, der Stein, der Berg und die Stadt scheinen also miteinander zusammenzuhängen; zumindest, wenn man wie ich den Rahmen der klassischen Geschichte verlässt und eine Neuinterpretation wagt. Ich halte als erste These fest:
Die Götter haben Sisyphos bestraft, weil er eine Stadt gegründet hat, und ihre Strafe erinnert ihn an das, was Natur ist – der ewige Zyklus vom Auf- und Untergang der Sonne, der Jahreszeiten und nicht enden wollender, mühsamer körperlicher Arbeit.

Verweigerung

Aber warum unterwirft sich Sisyphos dieser Strafe? Und: Hätte er nicht eine Handlungsalternative gehabt?
Eine Möglichkeit ist, die Strafe umzudeuten. Folgt man dem französischen Philosophen Albert Camus, ist Sisyphos kein Opfer, kein zwangsarbeitender Strafgefangener, sondern ein relativ normaler Mensch, der sich trotzig seiner Strafe – oder sagen wir besser: seiner Aufgabe – stellt. Er nimmt sie an, macht sie sich zu eigen – und handelt dabei in gewisser Weise freiwillig. Sisyphos zeigt den Göttern, dass die Strafe für ihn keine Strafe ist. Statt zu verzagen, statt aufzugeben, statt zu verzweifeln, stemmt, schiebt, hebt er den Stein – selbstbestimmt – immer wieder aufs Neue den Berg hinauf.
Dennoch ist der historische Sisyphos gegenüber den Göttern machtlos, weil er seine Situation nicht grundlegend ändern kann; er ist aber nicht ohnmächtig. Im vorgegebenen Rahmen erfüllt er seine Aufgabe.
Für Camus ist die Strafe, die Sisyphos ereilt, eine Allegorie auf den allgemeinen Zustand des menschlichen Lebens: Die Aufgabe von Sisyphos versinnbildlicht die vergebliche Suche des Menschen nach Sinn und Wahrheit in einem bedeutungslosen und gleichgültigen Universum.
Die Kernaussage von Camus‘ Sisyphos-Interpretation ist also: Auch wenn einem die täglichen Kämpfe im Leben manchmal sinnlos, ergebnislos, hoffnungslos erscheinen, geben sie dennoch Bedeutung und Wert, wenn man sie als die eigenen annimmt. Das eigene Leben bekommt durch diesen Akt der Selbstbehauptung einen Sinn. Camus stellt sich dementsprechend „Sisyphos als einen glücklichen Menschen“ vor.
Ich finde diese Vorstellung etwas unbefriedigend. Ich will die Welt verändern und nicht den gegebenen Zustand erdulden. Mit Heidegger gesprochen will ich mich aus meinem unfreiwilligen In-die-Welt-geworfen sein befreien, in dem ich mich entwerfe. Was wie ein Wortspiel klingt, birgt aber den Kern der Sisyphos’schen Anmaßung: Als Entwerfen bezeichnen Gestalterinnen, also Architektinnen, Designer*innen, aber auch Städtebauer wie Sisyphos ihre Tätigkeit. Die Welt nach menschlichen Vorstellungen zu gestalten, sich aus der Unterworfenheit unter natürliche Bedingungen zu befreien – das ist Entwerfen.
Der Sisyphos von Camus befreit sich nicht, sondern er unterwirft sich. Als Mensch, der gestalten und verändern will, frage ich mich: Was soll es für einen Sinn machen, ewig den blöden schweren Stein den Berg hinaufzubringen. Das ist so protestantisch. Nachvollziehen könnte ich allenfalls, dass das Ganze Sisyphos Spaß macht: Er schleppt den Stein hoch und dann rollt der Stein mit gehörigem Krach den Berg herunter, zermalmt alles, was sich ihm in den Weg stellt. Ein Heidenspaß! Aber irgendwann hätte man davon doch auch genug, das macht vielleicht ein, zwei, vielleicht auch zehn Mal Freude, aber irgendwann ist gut.
Was also könnte Sisyphos noch tun? Welche Handlungsalternativen hat er? Im Winkelmann-Museum in Stendal, einer kleinen Stadt in Sachsen-Anhalt, befindet sich das Gemälde „Flucht des Sisyphos“ von Wolfgang Mattheuer, einem der Hauptvertreter der „Leipziger Schule“, einer Strömung der modernen Malerei, die sich in der DDR entwickelt hat. „Die Flucht des Sisyphos“ entstand 1972, also in der Aufbruchszeit und der kulturpolitischen Öffnung der frühen Ära Honecker. Das Gemälde zeigt einen jungen Mann, der vor dem Stein wegrennt. Unten im Tal liegt eine Siedlung, sie scheint sein Ziel zu sein. In einer Vorstudie zu diesem Gemälde von 1971 ist diese Siedlung sogar eine richtige Großstadt, ein Häusermeer.
Mich interessiert nicht, was dieses Gemälde in seiner Entstehungszeit den Betrachtern erzählte oder wie es heute im Rückblick auf den real-existierenden Sozialismus der DDR interpretiert werden könnte; mich interessiert nicht, ob die blaue Hose eine damals moderne Jeans ist oder eine Arbeiterhose; mich interessiert allein, dass Sisyphos beschließt, die sinnlose Tätigkeit zu beenden und in die Stadt zu gehen. Die Götter sind tot, sie haben keine Macht mehr über ihn. In der Stadt will Sisyphos die Freiheit finden. Er unterwirft sich dem Willen der Götter nicht länger, damit endet seine Machtlosigkeit. Aus dem Machtlosen wird ein Emanzipierter, der sein Leben in der Stadt selber und neu gestalten will. Aus dem Zustand der Unterwerfung geht er über in den Zustand des Entwerfens. Man muss sich nicht den vermeintlichen Begebenheiten ergeben, sich unterwerfen, sondern man kann sich entwerfen. Die Götter sind tot, die Menschen sind frei, sie können tun und lassen, was sie wollen. Der Sinn ist nicht von einer höheren Instanz vorgegeben, sondern selbst erzeugt. Wir – die Menschen – bestimmen ihn. Das ist eine frohe Botschaft. In der Stadt gibt es genug zu tun, was sinnvoller ist, als den Stein den Berg hinaufzuschieben, zu stemmen, zu schleppen, was auch immer.

Stadt

Die Stadt ist der Ausgangspunkt meiner Sisyphos-Geschichte. Ich hatte ja gemutmaßt, dass er von den Göttern bestraft wurde, weil er eine Stadt gründet hatte. Deshalb möchte ich mich noch einen Moment mit „Stadt“ beschäftigen. Nicht mit Korinth, der Stadt, die Sisyphos bauen ließ, auch nicht mit der Stadt, in die der Protagonist von Wolfgang Mattheuers „Die Flucht des Sisyphos“ rennt, sondern mit der Stadt als solcher.
Die ersten festen Siedlungen – also das, was wir heute als Städte bezeichnen – entstanden mit dem Übergang der Jäger- und Sammler-Existenz hin zu Ackerbau und Tierhaltung. Mit der Gründung der Städte entstanden auch komplexere Organisationsstrukturen, die auf Hierarchie und Macht aufbauten. Denn, so die Überlegung: Wer seine Ernte lagert, muss sie auch schützen und muss deshalb Strukturen aufbauen, die Sicherheit garantieren können. Neben Mauern, also Stadtmauern, die die Stadt begrenzen, einteilen und schützen, betrifft dies auch und vor allem Kämpfer, die die Stadt gegen etwaige Eindringlinge verteidigen können. Der stärkste oder schlaueste Kämpfer schwingt sich zum Machthaber über alle auf, er wird zum König – so wie Sisyphos, der König von Korinth.

Müllberg

Nun kommt der Berg ins Spiel. Die Herrschenden wollen ihre Position symbolisch demonstrieren und faktisch absichern. Deshalb haben sie das Interesse, möglichst weit oben zu wohnen, über den anderen, höhergestellt, aber auch mit dem besten Ausblick, von dem aus man das Auftauchen eines potentiellen Feindes frühzeitig bemerken kann. Der König, der Fürst, der Häuptling, der starke Mann baut sein Haus, seinen Palast, seine Burg auf einem Berg, oben, weit über den anderen.
Woher aber kommt der Berg? Hierfür finden sich bei dem tschechisch-brasilianischen Philosophen Vilém Flusser einige interessante Überlegungen, die man zu einer Geschichte der Zivilisation und der Bedeutung von Stadt verdichten kann. Laut Flusser ist es ein Wesenszug von Kultur, dass alles, was sie herstellt, irgendwann zu Abfall wird.
Der Berg, der die Macht des Herrschers sichert, ist eigentlich eine Müllkippe. Der Herrscher, der Häuptling, der Chef baut seine Burg auf dem Müll der Zivilisation. Dieser Müllberg ist physisch und metaphorisch. Ich hatte eingangs erwähnt, dass es auf der Erde inzwischen mehr vom Menschen gestaltete Materie als Biomasse gibt; und all diese gestaltete Materie, die Smartphones, die Aluminiumtrinkflaschen und Hochgeschwindigkeitszüge, dienen dem System zum Selbsterhalt, oder, um im archaischen Bild zu bleiben, helfen dem Herrscher, an der Macht zu bleiben. Je mehr Macht er hat, umso mehr muss die Stadt produzieren. Und je mehr die Stadt produziert, desto mehr Konsumgüter entstehen, die dann recht schnell zu Müll werden, der irgendwo abgeladen werden muss.
Oder anders formuliert: Wenn man nicht süchtig nach Smartphones, Seifenopern, Tiefkühlpizzen und Gadgets der Konsumgesellschaft wäre: Wer hätte dann noch Macht über einen?
Stattdessen entsteht ein Berg von Lebensmittelresten, billigen Klamotten, die schnell wieder aus der Mode kommen werden, Autos, für die es bald eine Abwrackprämie gibt. Die Aufzählung will nicht enden. Packt man den eigenen Müll, all den Nippes, den man so zu Hause anhäuft, all die Dinge, die man angeblich so dringend zum Leben braucht, noch dazu, dann kann man erahnen, wie riesig der Berg ist.
Dass der Herrscher auf der Müllkippe thront, zeichnet ihn aber nicht nur symbolisch als Wahrer des Wohlstandes aus, sondern hat auch einen praktischen Nutzen. Je höher der Berg wird, desto weiter kann der Herrscher sehen, die heranziehenden Feinde frühzeitig sichten, Verteidigungsmaßnahmen ergreifen: Je mehr Müll, desto sicherer können alle leben, so das Versprechen. Was in den Metaphern der historischen Stadtentwicklung der Berg als militärisch-strategisch wichtige Position ist, sind heute die Meta-Daten unserer virtuellen Shoppingtouren und Social‑Media‑Ergüsse, Informationen, die Ausblick auf unser Denken, Fühlen und kommendes Verhalten geben.
Ansammeln und verdichten, das ist die Logik des Wachstums, die Logik, die zu der globalen ökologischen Katastrophe und sozialen Ungerechtigkeit geführt hat, in und mit der wir heute leben. Man will möglichst weit oben auf dem Berg sein, den Müll unter, nicht über sich haben. Je weiter oben, umso erfolgreicher. Man strebt nach Erfolg, nach mehr Müll, um sich in der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung eine bessere Position zu verschaffen.
Folgt man diesem Bild, ist die Arbeit von Sisyphos innerhalb der Wachstumslogik urbaner Gesellschaften nicht sinnlos. Mit dem schweren Stein, den er den Berg hinaufrollt, verdichtet er den Müll, schafft ein möglichst solides Fundament für noch mehr Wachstum. Das Verdichten macht den Berg zwar erstmal kleiner, aber auch fester, haltbarer, Sisyphos trägt zur Stabilisierung des Systems bei, das er errichtet hat, auch wenn er, nun ins Totenreich verbannt, selbst daran nicht mehr teilhaben darf. Zweite These: Die Stadt produziert einen Müllberg, der zum Erhalt des Systems dient. Er muss verdichtet und stabilisiert werden, denn der Müll sichert die Herrschaft, die in der Stadt über ihre Bewohner*innen ausgeübt wird.

Stein

Das Faszinierende an der Geschichte von Sisyphos ist, dass sich so viele Menschen auch heute noch in ihr wiederfinden können. Das Bild, etwas sehr Mühseliges zu tun, das eigentlich keinen Sinn hat, aber der Absicherung der eigenen Position, der Privilegien oder des Selbstbildes dient, kennen viele Menschen. Jeder Mensch ist Sisyphos, das ist schon bei Camus so. Aber dabei möchte ich nicht stehen bleiben, sondern einen Schritt weiter gehen.
Vielleicht kann der Stein auch mehr. Denn der Stein ist hart, schwer, machtlos, aber letztlich doch auch veränder- und formbar. Es gibt von Wolfgang Mattheuer noch ein weiteres Gemälde zum Thema Sisyphos, das ich inspirierend finde. Es heißt „Sisyphos behaut den Stein“. 1974 entstanden, zeigt es einen Mann, der am Fuße eines Hügels oder Berges steht. Überall liegen Müll und Schrott herum, im Hintergrund rauchen die Fabrikschlote. Der Mann hat Hammer und Meißel in der Hand und behaut den Stein. Er arbeitet aus dem unbehauenen Fels eine geballte Faust heraus, ein Zeichen für Widerstand. Bei Homer ist der Stein ein Brocken Marmor, ein eigentlich schönes Material für bildhauerische Tätigkeiten. Für Mattheuer also Material, um etwas mit Sinn zu formen. Statt uns in die Sinnlosigkeit zu ergeben – und mit Camus das Erdulden als Heldentum zu feiern – sollten wir Widerstand gegen die Mächtigen, gegen die Herrschaft des Menschen über den Menschen leisten.
Damit sind wir wieder bei Macht, Machtlosigkeit und Ohnmacht. Wogegen sollen wir angehen? Was lohnt es zu bekämpfen?
Springen wir nochmal zurück zu Sisyphos. Er hat den Berg akzeptiert, ja, er hat ihn sogar gebraucht. Als alter König konnte er sich eine Welt ohne Berg nicht vorstellen, ja, er hatte sogar Angst vor einer Welt ohne Berg, alleine die Vorstellung treibt ihm den Angstschweiß ins Gesicht. Aber müsste man das heute nachmachen? Muss man im Hier und Jetzt den Berg und den Stein akzeptieren?
Ich möchte deshalb noch eine andere Interpretation für die Beschaffenheit des Steines vorschlagen. Ich stelle mir vor, der Stein selbst zu sein. Ich bin mein eigener Stein. In der Gesellschaft der Gegenwart ist auch das Selbst Gegenstand von Gestaltung geworden. Man haut an sich herum, versucht, den wahren Kern herauszuschälen, therapiert hier und achtsamkeitet dort. Was versucht man nicht alles, müht sich ab, scheitert und beginnt wieder von neuem. Man scheitert an seinen eigenen Ansprüchen. Man selbst ist der Stein, der den Berg hinaufgerollt werden soll, immer wieder, immer wieder, ohne aufgeben zu dürfen. So war das zumindest lange, aber immer öfter setzt eine Erschöpfung ein, die deutlich macht: Der Stein des Selbst ist widerständig, das Selbst will nicht immerfort gerollt und geschoben werden, um in der eigenen Selbstoptimierung das System zu stabilisieren. Muss man wirklich den Stein des Ichs den Berg hinaufrollen, um den Müllberg unserer Zivilisation weiter zu verdichten, und gleichzeitig mehr oder weniger reflektiert täglich zu dessen Anwachsen beitragen?
Also: Wenn man selbst der Stein ist, den man den Berg hoch rollt, kann man nicht wie Wolfgangs Mattheuers Sisyphos einfach wegrennen. Wenn das Selbst der Stein ist, wird verständlich, warum Sisyphos sich gegen die Strafe nicht erheben kann. Aber man kann den Berg in Frage stellen. Denn der Berg ist nicht einfach da, der Berg wird von den Menschen – also uns allen – gemacht. Und er wird höher, jeden Tag, wenn die Menschen so weiter machen wie bisher. Und schlimmer noch: Jedes Mal, wenn man den schweren Stein den Berg hinaufrollt, verdichtet man ihn, macht ihn fester, stabiler, unverrückbarer.

Die andere Stadt

So arbeitet man am Fundament der Stadt, einer Stadt, die eine Hierarchie erzeugt, die uns unfrei macht, machtlos, vielleicht sogar ohnmächtig. Dabei hat man sich von Stadt doch etwas anderes erhofft, nämlich Aufklärung, Emanzipation, Freiheit. Wie würde man also heute eine Stadt bauen, wenn man eine bessere gründen wollte? Es wäre eine Stadt, die nicht auf Müll gebaut ist, eine Stadt, die ein materieller Kreislauf ist. Sie ist kein gefräßiger Organismus, der Menschen und Material vertilgt, um fortwährend neuen Müll auszuspucken, um den Berg, auf dem die Herrschenden wohnen, ins Unermessliche zu erhöhen. Es ist eine Stadt ohne Berg – also ohne Macht, ohne Hierarchien, ohne Herrschaft – in der Demokratie im Sinne von Gleichberechtigung, Solidarität und Mitbestimmung tatsächlich gelebt wird. Für die Errichtung dieser Stadt oder den Umbau bestehender Städte in eine solche Stadt der Zukunft gibt es viele Ideen und Ansätze. Viele sind technischer Natur. Der Müll der Vergangenheit soll als wichtige Ressource, als Material- und Energiequelle entdeckt werden. „Urban Mining“ ist dafür das Schlagwort. Diese Stadt der Zukunft produziert ihre eigene Energie, statt sie von außen zu beziehen, und produziert ihre eigenen Nahrungsmittel, statt dafür das Umland zu kolonisieren oder weitentfernte Weltregionen auszubeuten.
Um diese Stadt zu bauen, müssen wir den Berg abtragen, Stück für Stück. Ja, das ist eine Sisyphos-Aufgabe, im sprichwörtlichen Sinne, aber sie ist nicht sinnlos. Sie hat ein Ziel, ein sehr konkretes: Es geht darum, die zerstörerischen Folgen eines auf immerwährendem Wachstum, naturvergessener Technikgläubigkeit und materiellem Gewinn aufbauenden Gesellschaftsmodells, das Glück primär durch Konsum verspricht, zu erkennen und Alternativen umzusetzen. Und die Alternative kann weder ein leichterer Stein noch ein bisschen weniger „Sisyphosarbeit“ sein, sondern nur Abtragen, der Verzicht, die Änderung des eigenen Ichs.

Auf der Suche nach Folgenlosigkeit

Wie sähe ein Leben aus, das möglichst wenig negative Folgen für andere hat – für andere Menschen, aber auch Tiere und Pflanzen? Wie lernt man, auf das Streben nach Erfolg zu verzichten, die Fiktion einer Selbstwirksamkeit zu verabschieden, um offen zu sein für ein Leben, in dem nicht das eigene Ich im Vordergrund steht? Ich halte als letzte These fest:
Eine andere Stadt ist nur möglich, wenn wir auf das Streben nach Erfolg verzichten und versuchen, ein Leben ohne negative Folgen für andere zu führen: ein Leben in Folgenlosigkeit.
Die wichtigste Voraussetzung für ein solches Leben wäre, die Folgen der Vergangenheit zurückzubauen. Das heißt konkret: Man muss endlich den Berg wegräumen, auch wenn das vielleicht eine noch härtere Arbeit ist, als den Stein immer wieder hochzubringen! Dieses Abtragen des Berges hat – zumindest sinnbildlich – auch zur Folge, dass die bestehenden Herrschaftsstrukturen untergraben werden. In der Stadt der Zukunft gibt es keinen Herrscher mehr, der auf dem Berg thront.
Es ist eine Stadt, die ein gutes Leben für alle Menschen ermöglicht – und das weltweit.

Lernen von Sisyphos

Macht. Machtlosigkeit. Ohnmacht. Ist das Abtragen des Berges überhaupt noch möglich? Ist er nicht durch Jahrhunderte der Verdichtung so fest und stabil geworden, dass wir ihn nun nicht mehr loswerden können?
Eines der wichtigen Machtinstrumente ist die Perspektive, also die Art, wie man auf die Welt blickt, was einem dadurch als groß und klein, als nah und fern erscheint. Durch die Perspektive entstehen die Bilder, die man sich von seinem eigenen Leben macht, die Perspektive prägt die Vorstellung von den individuellen und kollektiven Handlungsmöglichkeiten. Die Perspektive der Gegenwart ist die des Erfolges: Auf das, was ich mache, muss etwas erfolgen, möglichst unmittelbar. Selbstwirksamkeit ist ein zentrales Schlagwort der Gegenwart. Wir erwarten, dass unser individuelles Handeln eine Wirkung hat, wir uns selbstverwirklichen können und unser Leben eine Bedeutung hat. Mit diesem Fokus auf sich selbst und das eigene unmittelbare Handeln, die eigenen Befindlichkeiten und Vorlieben, wird der Blick von der Ferne weggelenkt. Es mag sein, dass individuelle Konsumentscheidungen Wertentscheidungen sind. aber wer im Biomarkt einkauft, kann deshalb noch lange keine weltweit verbindlichen Standards in Bezug auf Klimagerechtigkeit durchsetzen, oder allen Erdbewohner*innen ein gutes Leben ermöglichen. Wenn man etwas von Sisyphos lernen kann, dann ist es der Verzicht auf unmittelbare Wirksamkeit, auf Erfolg.
Albert Camus schreibt, dass man sich den historischen Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen muss. Selbstbestimmt, den Göttern auch in der Strafe die Stirn bietend. Ich glaube, ein zukünftiger Sisyphos bezieht sich nicht mehr auf die Götter. Der zukünftige Sisyphos ist glücklich, weil er nicht mehr auf dem Müllberg thronen will. Der Sisyphos der Zukunft baut eine neue Stadt, eine andere Stadt als die, die wir bisher kennen. Diese andere Stadt braucht keinen Müll und keinen Müllberg. In dieser anderen Stadt brauchen wir keine Macht und erleben keine Ohnmacht. Denn in einer Welt, in der niemand auf dem Müllberg thront, gibt es auch keine Unterdrückten und keine Ohnmacht.

Ausstellung

Schule der Folgenlosigkeit (Ausstellung)

Wie sähe ein Leben aus, das – im ökologischen, aber auch im virologischen Sinne – möglichst folgenlos bleibt?

Wie sähe ein Leben aus, das möglichst folgenlos bleibt? Könnte Folgenlosigkeit ein neues regulatives Ideal werden, wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit, unerreichbar, aber dennoch erstrebenswert? Welche Auswirkungen hätte ein solches Streben auf die materielle und immaterielle Gestaltung unseres Alltags, auf die Wirtschafts- und Sozialordnung, auf unseren Glauben und auf die Art, wie wir miteinander umgehen?

Diese Fragen stellt die „Schule der Folgenlosigkeit“, ein künstlerisch-diskursives Projekt von Friedrich von Borries im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Friedrich von Borries verknüpft Sammlungsobjekte mit einem eigens für die Ausstellung eingerichteten Selbstlernraum so, dass eine neue Perspektive auf „Nachhaltigkeit“ entsteht und vermeintlich allgemeingültige Vorstellungen eines „richtigen Lebens“ hinterfragt werden. Besucher*innen können hier im Selbstversuch Entscheidungen abgeben, ihre Hände in Unschuld waschen oder sich im Nichts-Tun üben. Ein diskursives Bildungsprogramm in Form einer App sowie das Stipendium für Nichtstun ergänzen das Projekt.

2020

Edutainment

Schule der Folgenlosigkeit (App)

Mit einer App die eigene Folgenlosigkeit durchspielen. Mit Expert:inneninterviews und Tutorialvideos.

Mit einer App die eigene Folgenlosigkeit durchspielen. Die App »Schule der Folgenlosigkeit« wurde in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) entwickelt. Kleine Games, Expert:inneninterviews und Tutorialvideos richten sich an alle, die über den Zustand unserer Welt nachdenken – und verstehen wollen, wie die eigene Lebenswirklichkeit mit Klimawandel und gesellschaftlichen Strukturen verbunden ist.

Im Rahmen der Ausstellung Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) starten die Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) und das MK&G die gleichnamige App als mediale und inhaltliche Erweiterung der Ausstellung.

Zu jedem der zwölf Handlungsfelder der »Schule der Folgenlosigkeit« – wie Warten, Entscheidungen abgeben, Zerstören, die Besinnung verlieren oder Solidarität – gibt es ein einführendes Tutorial. Denkanstöße in unterhaltsamen Interviews geben Expert*innen wie der Soziologe Hartmut Rosa, der Sozialpsychologe Harald Welzer, der Schauspieler Eric Stehfest, die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy oder Klima-Aktivist Tadzio Müller.

Mit den Übungen werden die Nutzer:innen selber aktiv, in der Küche, auf dem heimischen Sofa oder unterwegs. So müssen die Lernenden den Stein des Sisyphos einen virtuellen Berg hinaufrollen oder einen Stapel virtueller Gläser durch die Wohnung balancieren. Sie können mit dem Smartphone in der Hand tanzen, bis sie die Besinnung verlieren, danach im Multiple-Choice-Test die eigene Wissensperspektive zum Zustand der Welt erweitern oder einfach mal ganz entspannt… warten.

Noch mehr Aktivität erfordern die Aufgaben, die dazu anregen, künstlerisch in den sozialen und öffentlichen Raum zu intervenieren. So gilt es, Warteschlangen zu initiieren, einen Eierlaufparcours aufzubauen oder einen ekstatischen Tanz aufzuführen. Ihre Übungen, Aufgaben und Überlegungen sollen die Nutzer*innen mit allen teilen, mit denen sie die Veränderungen gestalten und leben möchten. Der Hashtag #folgenlos schafft in den sozialen Medien eine große Öffentlichkeit, um die Grundfragen der Gesellschaft zu diskutieren. Denn zur Schule der Folgenlosigkeit gehören auch Ausblicke und Auswege wie Bessere Zukünfte erträumen, eine Gegenmacht herzustellen und Zusammenhalt schaffen.

»Die Idee ist reizvoll – auch die App an sich ist charmant.«

Tobias Krone, Deutschlandfunk Kultur

Intervention

Stipendium für Nichtstun

1600 Euro damit man etwas unterlässt. Das »Stipendium für Nichtstun« war Teil der »Schule der Folgenlosigkeit« und hinterfragte die gängigen Mechanismen des Leistungsdenkens. Es lud dazu ein, über die Verbindung der eigenen Lebenswirklichkeit, der gesellschaftlichen Strukturen und dem Klimawandel nachzudenken. Aus 2864 Bewerbungen aus 70 Ländern wurden drei Gewinner:innen wurden ausgewählt.

Für die Teilnahme waren vier Fragen zu beantworten: Was will ich nicht tun? Warum ist es wichtig, das nicht zu tun? Wie lange will ich das nicht tun? Warum bin ich der:die richtige, das nicht zu tun.

»Der Interviewtermin mit dem Architekten und Künstler Friedrich von Borries beginnt mit Warten. So richtigem Warten. Nicht diesem Warten, bei dem alle paar Minuten eine Nachricht eintrifft: Sorry, bin zu spät. Bin gleich da. Noch zehn Minuten. Noch drei. Und so weiter. Beim echten Warten weiß man nicht genau, warum man wartet, ob noch was passiert und wenn ja, wann. Man wartet in die ungewisse Zeit hinein. Friedrich von Borries erscheint nicht in dem digitalen Raum, der für das Gespräch vorgesehen war. Eine Nachricht von ihm kommt auch nicht.«

Katrin Zeug, Zeit Wissen

»Gewiss ist eine Distanz zum permanenten Leistungsdruck begrüßenswert. Natürlich ist der Müßiggang unbezahlbarer Treibstoff für ein selbstbestimmtes Leben. [...] Eine Leistungsschau, ein Wettbewerb zum Erwerb des „Oblomow“-Stipendiums, das mit einem Bericht über die Resultate (!) des Nichtstuns abzuschließen ist? Da legst di’ nieder, wie man weiter südlich zu sagen pflegt.«

Daniél Kretschmar, Taz

Aus den 2864 Einreichungen wurden 14 Finalist*innen nominiert, darunter neben den Gewinnerinnen u.a.:
Ein 9-jähriger Schüler, der sich aus ökologischem Verantwortungsgefühl nicht mehr von seiner Mutter zur Schule fahren lassen möchte, eine brasilianische Aktivistin, die in ihrem Dorf Plastikmüll sammelt, eine Ärztin, die keine suchtfördernden Schmerzmittel mehr verschreiben will, wenn sich die Erkrankung auch anders behandeln ließ, eine Fernsehreporterin, die vier Wochen lang keine negativen Nachrichten mehr verbreiten will, ein Mann, der zehn Tage nicht mehr sprechen, dafür aber anderen umso aufmerksamer zuhören möchte, eine Frau, die so bleiben will, wie sie ist, und damit auf den Selbstoptimierungszwang in der Gesellschaft (und der Ausschreibung) hinweist.

Preisträger:innen

Hilistina Banze
»Ich werde mein Kopftuch eine Woche nicht «, so das Vorhaben der muslimischen Feministin. Die Sozialpädagogin und Integrationsberaterin aus Hamburg möchte ihr auf 3 mm kurzrasiertes Haar zeigen und so gleich mehreren Rollenklischees entgegentreten. Damit setzt Hilistina Banze (31) sich – wie viele andere Bewerber*innen auch – mit den Erwartungen und Rollenbildern auseinander, die insbesondere an Frauen herangetragen werden. Die Jury beeindruckte die Radikalität und die Vielschichtigkeit des Experiments und ist gespannt auf die Erfahrungen, die Hilistina Banze als Frau, als Muslima und als Feministin sammelt.

Mia Hafner
»Ich will für zwei Wochen keine verwertbaren, personenbezogenen Daten über mich generieren.« Das bedeutet umfangreiche Einschränkungen für die 26-jährige Konzepterin und Studentin aus Köln: Kein Smartphone nutzen, keine E-Mails abrufen, nicht online shoppen – allesamt Tätigkeiten, auf die auch viele andere Bewerber*innen verzichten möchten, weil sie zu viel Energie verbrauchen, soziale Beziehungen belasten, zum Konsum verleiten und unkontrollierbare Datenspuren von sich und anderen hinterlassen. Bemerkenswert fand die Jury Mia Hofners Klarheit, mit der sie die Folgen ihres täglichen Handelns reflektiert und sich gleichzeitig bewusst ist, dass sie dem digitalen Datentransfer nicht für immer entkommen kann.

Kimberly Vehoff
»Ich will meinen Beruf nicht ausüben« schreibt die 22-jährige Fachkraft für Lebensmitteltechnik aus Bad Fallingbostel. Stellvertretend für sehr viele Bewerbungen bringt Kimberley Vehoff eine grundlegende Unzufriedenheit mit den ökonomischen Zwängen und dem Leistungsdruck der Gegenwarts- gesellschaft zum Ausdruck. Besonders überzeugend fand die Jury, dass die sozialen Beziehungen von Kimberley Vehoff durch wechselnde Früh-, Spät- und Nachtschichten sowie einer 6-Tage-Woche leiden, und sie das Stipendium nutzen will, diese emotionalen Bindungen wieder zu stärken.

Publikation

Vorüberlegungen für eine Ethik der Folgenlosigkeit

Wir leben in einer merkwürdigen Zeit, in der gleichzeitig nichts und doch alles möglich zu sein scheint. Vor allem aber leben wir gerade in einer Zeit, in der unser Handeln einem neuen gesellschaftlichem Paradigma unterworfen wird: der Folgenlosigkeit. Der Essay »Vorüberlegungen für eine Ethik der Folgenlosigkeit« gibt Einblick in die dem vielschichtigen Projekt zugrundeliegenden Überlegungen.

Im inneren Warteraum

Stellen Sie sich vor: Sie stehen an einer Wand des Raumes und starren auf den Boden. Sie wissen nicht, wie lange Sie das schon tun, und Sie wissen auch nicht, wie lange Sie das noch tun werden. Sie lehnen sich an die Wand, wollen auf ihre Uhr schauen. Aber die Uhr haben Sie vorhin abgelegt. Vor ihrem inneren Auge zieht der gestrige Tag vorbei, dann fällt Ihnen wieder die Anweisung ein, dass Sie an nichts denken sollen. Sie versuchen, die Gedanken zu vertreiben, schauen aus dem Fenster, beobachten die vorbeiziehenden Wolken, dabei kommt Ihnen der Streit vom Vorabend in den Sinn. Wieder versuchen Sie die Gedanken zu vertreiben, eine Verärgerung kommt in Ihnen hoch. Sie fragen sich, wie lange sie schon herumstehen. 10 Minuten? 30 Minuten? Oder doch schon eine Stunde? Sie wissen, dass Sie die Übung jederzeit abbrechen können, schließlich ist die Schule der Folgenlosigkeit nur eine App, die Sie auf Ihr Smartphone geladen haben. Aber irgendwie fühlen Sie sich herausgefordert, die Übung „Warten“ zu Ende zu führen, auch wenn Sie nicht wissen, wann der Timer endlich abgelaufen sein wird.

Folgenlosigkeit als neues ethisches Paradigma

Doch der Reihe nach. Wir leben in einer merkwürdigen Zeit, in der gleichzeitig nichts und doch alles möglich zu sein scheint. Vor allem aber leben wir gerade in einer Zeit, in der unser Handeln einem neuen gesellschaftlichem Paradigma unterworfen wird: der Folgenlosigkeit. Viele Kriterien, denen wir sonst unser Handeln unterwerfen, gelten in der gegenwärtigen, durch Covid-19 bestimmten Situation, nicht mehr. Es geht zum Beispiel nicht mehr darum, möglichst viel Geld zu verdienen oder möglichst viele Mitarbeitende zu führen, es geht nicht mehr darum – nach welchen Kriterien auch immer – erfolgreich zu sein, sondern um das Gegenteil: Wir wollen Sorge tragen, dass unser Handeln möglichst folgenlos bleibt. Konkret heißt das: Wir wollen die Wahrscheinlichkeit, im Falle einer Erkrankung andere anzustecken, reduzieren. Eine etwaige Erkrankung soll – für andere – möglichst folgenlos bleiben. Dieses neue Verhaltensmuster ist eine ethische Herausforderung, sie verlangt uns ein Umdenken ab. An die Stelle von „immer schneller“ tritt „mach mal langsam“, an die Stelle von „Action, Action, Action“, tritt das Nichtstun oder das Warten. Ein neues ethisches Paradigma. Ein neues regulatives Ideal entsteht: Die Folgenlosigkeit. Dieses neue Paradigma der Folgenlosigkeit ist uns fremd, die modernen Kulturen gehen vom Gegenteil aus. Die drei monotheistischen Religionen setzen eine große Folgenhaftigkeit allen irdischen Handelns für die jenseitige Zukunft voraus, das eigene Verhalten hat konkrete Folgen, die sich irgendwo zwischen Himmel und Hölle verorten lassen. Und auch das Karma-Konzept der indischen Religionen ist ein zutiefst an Folgen orientiertes. So beeinflusst beispielsweise im Buddhismus jedes Handeln im Hier und Jetzt nicht nur mein Leben in der Gegenwart, sondern sogar in welcher Form ich wiedergeboren werde. Erst das Leben nach dem Tod, sei es im Nirwana, sei es im postapokalyptischen himmlischen Jerusalem, ist folgenlos. Doch genau in dieser verstörenden Fremdheit liegt die Stärke der Folgenlosigkeit.

Das Ideal der Folgenlosigkeit und die ökologische Krise

Doch Folgenlosigkeit in den Kanon der regulativen Ideale – die in der westlichen Gesellschaft vom Dreiklang Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit dominiert werden – aufzunehmen, eröffnet eine interessante gesellschaftspolitische Perspektive auf die Post-Corona-Zeit, weil Folgenlosigkeit nicht nur in Hinblick auf die Eindämmung der Pandemie, sondern auch zur Bewältigung der ökologischen Krise fruchtbar sein könnte. Denn der bisherige Umgang mit den ökologischen Herausforderungen der Gegenwart (von Ressourcenverbrauch bis Klimawandel), der auf Nachhaltigkeit fokussiert, krankt daran, dass Nachhaltigkeit eben kein regulatives Ideal, sondern eine ökonomistische Technik ist. Statt zu überlegen, wie eine Welt aussähe, die sozial gerechter, ökologisch zukunftsfähiger und kulturell interessanter ist, fokussiert der gegenwärtige unter „Nachhaltigkeit“ subsummierte Diskurs auf Handlungen, die nachhalten, also bleiben. Der Nachhaltigkeits-Diskurs zielt auf die Handlungen. Wesentlich fruchtbarer wäre, statt in Folgen, in Unterlassungen zu denken. Eine Gesellschaft, die Folgenlosigkeit in den Mittelpunkt stellt – sei es, um die Ausbreitung einer Epidemie zu verhindern, sei es, um den ökologischen Kollaps abzuwenden – fragt nicht: „Was kann ich tun“, sondern: „Was tue ich (besser) nicht“. An die Stelle des Handelns tritt das Nicht-Handeln.

Folgenlosigkeit als individuelle Entlastung und Herausforderung

Nicht-Handeln widerspricht der protestantischen Ethik, die, folgt man dem Soziologen Max Weber, unsere gesellschaftliche Struktur maßgeblich geprägt hat. Und dennoch kann die Vorstellung, dass das eigene Handeln nicht immer fort etwas bewirken müsste, auch als Entlastung verstanden werden. Kein Erfolgsdruck, keine Zielvereinbarungsgespräche. Das, so könnte man sagen, ist die spaßige Seite der Folgenlosigkeit, die aber auch auf individueller Ebene eine schmerzhafte Seite hat. Es ist die, letztlich wenig überraschende Einsicht, dass das Leben keinen höheren Sinn hat, dass (bei fast allen Menschen) das eigene Streben – weltgeschichtlich vergeblich ist, während das alltägliche Tun (verantwortungsloser Konsum etc.) weltzerstörerisch ist. Ich bin ein Sandkorn im Meer der Zeit. Das tut jedem weh, der sich – in welchem Kontext auch immer – als Bedeutungsträger versteht, aber es ist perspektivisch auch entlastend. An die Stelle der Selbstversessenheit der Gegenwart tritt eine Selbstvergessenheit im positiven Sinne, nicht als Entfremdung vom Selbst, sondern als Befreiung von den geradezu überfordernden heutigen Ideologemen von Selbstwirksamkeit und Selbstverwirklichung; denen weder die realen Formen des Selbst noch die gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen genügen können, und die oftmals zu Frustration und nicht zu einem glücklichen Leben führen. Statt weiter einer konsumistischen Selbstverwirklichung oder dem hohen Anspruch auf Selbstwirksamkeit hinterherzulaufen, geht es in der Schule der Folgenlosigkeit um das Gegenteil: Es geht um Selbstvergessenheit und die vielerorts noch ungeübte und deshalb schwierige Praxis des Verlernens.

Historische Vorläufer

Für Entlastung von den Belastungen des Selbst und dessen vermeintlicher Wirksamkeit gibt es eine Vielzahl von historischen Übungen, denn die Entlastung von eigener Selbstüberhöhung ist eine in vielen Kulturen verbreitete Praxis. Ein anschauliches Beispiel sind die tibetischen Mandalas. Bei diesen rituellen Zeichnungen werden komplexe geometrische Muster mit verschied gefärbtem Sand gezeichnet, um sie, unmittelbar nach Fertigstellung, wieder zu zerstören. Oder denken wir an auf Selbstvergessenheit zielende Tänze des Sufismus. Versucht man, diese Praxen in die Gegenwart zu übertragen, könnte für uns Verlernen im Mittelpunkt stehen. Doch bevor dieses beginnen kann, muss uns, wie die Theoretikerin Gayatri Chakravorty Spivak meint, bewusst werden, dass die eigenen, als erfolgreich angesehenen Verhaltensmuster auch ein Verlust sind, weil sie andere Formen der Welterfahrung ausschließen.

Praktische Konsequenzen

Was also lernt man in der Schule der Folgenlosigkeit? Man lernt Dinge nicht zu tun, man überlegt sich, welche Handlung, welches Verhalten, welche Tätigkeit, die man gewohnt und geübt ist, man in Zukunft unterlassen möchte. Kurzum: Man lernt, sich selbst mitsamt seiner auf Erfolg, auf Wirksamkeit, auf Folgen gepolten Identitätskonstruktion zu vergessen. Was das in der Praxis heißt? Der Architekt beginnt vielleicht, Leute dabei zu beraten, wie sie Bauen vermeiden, und stellt auf seine Webseite nicht voller Stolz die Gebäude, die er realisiert hat, sondern Beispiele, wie er bestehenden Bauten durch minimale Veränderungen eine neue Nutzungsmöglichkeit eröffnet hat, und der Designer behauptet auch nicht, dass ein Produkt, nur weil es aus recycelten Materialien besteht, unheimlich nachhaltig sei, sondern entwirft Nutzungsanleitungen, wie man die Dinge, die man besitzt, mit geringem materiellen oder zeitlichen Aufwand in Neues verwandelt.

Die Folgenlosigkeit der Folgenlosigkeit

Zum Abschluss gilt es, die Folgenlosigkeit der Folgenlosigkeit zu bedenken. Denn dieser Text, wenn er dem Paradigma der Folgenlosigkeit gehorchen soll, müsste selber folgenlos bleiben. Und das will er natürlich nicht. Sowieso ist Folgenlosigkeit nie erreichbar, weil alles Handeln oder Nicht-Handeln Folgen hat, seien sie intendiert oder nicht-intendiert. Dieses Paradox der Folgenlosigkeit lässt sich nicht durchbrechen, ist aber letztlich ein Phänomen, das alle regulativen Ideale betrifft. Totale Freiheit ist nicht erreichbar, da wir als Menschen immer an Gesellschaft und an unsere Körper und den damit verbundenen Einschränkungen gebunden sein werden. Und weil wir Menschen unterschiedlich sind und sein wollen, sind eben auch die Ideale Gleichheit und Gerechtigkeit relativ. Alle drei Ideale sind also unerreichbar – aber trotzdem erstrebenswert. Sie fungieren als regulative Orientierungsmarken, an denen wir unser eigenes Handeln orientieren. Sie helfen uns, unser Handeln zu bewerten. Gleiches gilt für die Folgenlosigkeit – sie ist unerreichbar. Aber wenn man nicht nur die aktuellen Herausforderungen, die sich aus der Corona-Krise ergeben, bewältigen will, sondern auch die ökologische Sackgasse und die damit verbundenen sozialen Verwerfungen, in die sich die Menschheit hineinmanövriert, verlassen will, kann das Streben nach Folgenlosigkeit ein – in aller seiner Paradoxalität – zielführendes Paradigma sein.

Erstmals veröffentlicht in Palais Biron 31, Jubiläumsmagazin der BBUG, Sommer 2020

Ausstellung

Build on Volkswagen

Ein Konfigurator von »New Tendency« ermöglicht modulares Design und Partizipation der Benutzer:innen.

Ein Konfigurator von »New Tendency« ermöglicht modulares Design und Partizipation der Benutzer:innen. Mitten in der Autostadt in Wolfsburg liegt das Eiscafé »Cool & Creamy«. Hier wird ab sofort in einem neuen »Werkstatt-« und Ausstellungsbereich gezeigt, wie zukünftige Mobilitätslösungen aussehen könnten.

Die Gäste der VW-Kommunikationswelt sind eingeladen, spielerisch ihre individuelle Zukunftsvision auf MEB-Basis, dem Modularen E-Antrieb-Baukasten (MEB) des Volkswagen-Konzerns, zu konstruieren. An dem vom Berliner Designbüro »New Tendency« entwickelten Konfigurator »Build on Volkswagen« kann aus über 200 angebotenen Modulen – zum Beispiel – ein mobiles Landkino oder eine Ruheoase, die in belebten urbanen Räumen künftig für Entspannung sorgen könnte, zusammengestellt werden. Der eigene Entwurf kann anschließend ausgedruckt und Teil der »Wall of Fame« werden. Dort versammeln sich im Verlauf der Zeit die verschiedensten Zukunftsperspektiven.

Ausstellung

XYZ-Cargo

Lastenfahrräder zum Selberbauen in der Autostadt - die Zukunft der Mobilität mit Muskelkraft.

Die Autostadt in Wolfsburg bekommt ein »Transformationslabor«: Hier können Besucher:innen in einem Werkstatt-Bereich innovative Mobilitätskonzepte erleben. Den Anfang macht das Kollektiv XYZ CARGO, das eine intelligente Serienbauweise für Lastenfahrräder entwickelt hat, die Besucher der Autostadt selbst bauen können.
Unter dem Label XYZ Cargo hat das Kunst- und Designkollektiv N55 aus Kopenhagen verschiedene zwei-, drei- und vierrädrige Lastenfahrräder entwickelt - in einer ungewöhnlichen und systemischen Bauart. Interessenten haben die Möglichkeit, in der Autostadt im Rahmen eines dreitägigen Do-It-Yourself-Workshops ihr eigenes Lastenfahrrad zu bauen - optional mit E-Motor.

2019

Publikation

IUI. Propädeutik der Intervention

Die - mehr oder weniger fiktive – Geschichte des IUI, an dem das Prinzip der Intervention erprobt wird.

Über urbane Interventionen ist bislang wenig geforscht worden, eine konsistente Theorie der urbanen Intervention, die die verschiedenen Praxen zusammenfasst und darstellt, gibt es nicht. Dieses Buch versucht, eine Propädeutik der Intervention zu formulieren und damit die Hinführung zu einer möglichen Theorie der Intervention zu sein. Wir führen dorthin, indem wir eine – mehr oder minder fiktive – Geschichte erzählen: die Geschichte des IUI, einem sich ständig änderndem Ort, an dem das Prinzip der Intervention erprobt, gelehrt und gelebt wird.

Raum und Objekt

Mein letzter Thonet

Ein Rollator - gebaut aus den Teilen der ikonischen Stühle Thonet 214 und Thonet 219.

Anläßlich des 200. Geburtstages von Thonet entwarfen Friedrich von Borries und Frieder Bohaumilitzky den ersten Thonet Rollator. Gebaut ist der Roller aus Originalteilen der ikonischen Stühle Thonet 214 und Thonet 219 – und verweist so auf die Möglichkeit, das Neue aus dem Bestehenden zu entwickeln. Design über Nachhaltigkeit, das gleichzeitig zum Schmunzeln einlädt.

Wir können das neue aus dem Vorhandenen zusammenstellen. Es ist alles schon da! Der Rollator befindet sich in der Sammlung des MAK - Museum für angewandte Kunst Wien.

Veranstaltung

Kann Design die Demokratie verbessern?

Workshops im Rahmen der Ausstellung »Politics of Design, Design of Politics«

Im Rahmen der Ausstellung »Politics of Design, Design of Politics« fanden 4 begleitende Workshops statt, die in einem Open Call ermittelt und von allen Bewerber:innen ausgewählt wurden.

Was wäre wenn...?

In Anlehnung an die Rubrik „Was wäre, wenn…?“ des Wirtschaftsmagazins brand eins werden unterschiedliche Szenarien angeboten, worauf aufbauend Träume, Thesen & Hypothesen zur Demokratieverbesserung entwickelt werden können:
„Was wäre, wenn…?

  1. … politisches Engagement uns zu „Superstars“ machen würde?
  2. … alles was ich konsumiere, einen Einfluss auf die Wahlergebnisse hätte?
  3. … es Demokratisierungsprozesse in der Wirtschaft gäbe?
  4. … es keine nationalstaatlichen Grenzen mehr gäbe?“
    Gemeinsam diskutieren und gestalten wir Prototypen, um unsere Ideen greifbar und erlebbar zu machen.

Leiterin: Kalinca Vicente, München

Blocking the Sound

„Blocking the sound“ ist eine Workshop-Serie über Gewalt durch Klang. Dieser Workshop betrachtet das Laufen auf dem Gehweg als privilegierte Handlung. Daher beginnt der Workshop mit einem Soundwalk, währenddessen die Teilnehmerinnen über das Thema nachdenken können. Ein gebräuchlicher Schutz vor akustischer Gewalt während des Gehens ist die Verwendung von Kopfhörern. Im Rahmen des Workshops werden die Teilnehmerinnen aufgefordert, verschiedene Kopfhörer aus recyceltem Material zu entwerfen.

Leiterin: Banu Çiçek Tülü, Berlin

Design Utopia

Mehrheitsentscheide, Geheimdienste, parlamentarische Hinter­zimmer, stimmlose Stadtteilräte – all das ist Teil von Demokratie. Demokratie bedeutet immer auch der Verweis auf eine höhere Instanz, die das Leben regelt. Es geht um Hierarchie. Wie wäre eine Gesellschaft organisiert, die sich basis-demokratisch versteht? Wir schlagen vor: Eine Übung in sozialen Utopien, ein Gegenentwurf! Neben theoretischen Erkundungen versuchen wir uns in Selbstorganisation.

Leiter*innen:
HEFT = Ina Römling & Torben Körschkes, Hamburg und Caroline Kapp, München

Öffentliche Gestaltungsberatung

Die Öffentliche Gestaltungsberatung bietet niedrigschwellige und kostenlose Unterstützung für die gestalterische Auseinandersetzung mit Alltagsproblemen. Sie arbeitet mit und für Menschen, die sich sonst kein professionelles Design leisten können. Die Gestaltungsberatung wurde bereits mehrfach an unterschiedlichen Orten mit je unterschiedlichen Projektpartner*innen erprobt. Anspruch ist dabei immer, gestalterische Auseinandersetzungen nicht um fiktive, sondern um wirkliche Probleme zu führen. Nach einer theoretischen Einführung wird an praktischen Umsetzungsfragen u.a. durch Stadterkundungen gearbeitet. Der Workshop schließt mit Übungen zur Gestaltungsberatung ab.

Leiter*innen:
Öffentliche Gestaltungsberatung der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK)

Publikation

Stadt der Zukunft

Bild einer Stadt der Zukunft, die ökologischer und gerechter ist als die Stadt der Gegenwart.

Bild einer Stadt der Zukunft, die ökologischer und gerechter ist als die Stadt der Gegenwart. Ausgehend von einer kritischen Gegenwartsanalyse entwerfen der Architekt Friedrich von Borries und der Stadtplaner Benjamin Kasten das Bild einer Stadt der Zukunft, die ökologischer und gerechter ist als die Stadt der Gegenwart.
Anschaulich wird die Zukunftsvision durch zahlreiche Grafiken und ein Comic.

Anhand von Beispielen aus Architektur, Stadtplanung, Kunst und Design zeigen die Autoren, wo Aspekte dieser Zukunft schon jetzt erprobt werden: Von vertikalen Wäldern über unterirdische Plantagen, Selbstausbauhäuser und transnationale Grenzstädte bis hin zur Hochstraße in Seoul, die zum Park umgewidmet wurde. Ihre Darstellung ist gleichermaßen kritisch und kreativ, analytisch und visionär.

»Das Buch vermittelt die Utopie der Globalopo­lis auf eine charmante und anschauliche Wei­se.«

Alfred Rottmann, Bauwelt

»Einiges an diesem Buch ist bemerkenswert. Etwa der Stellenwert, den Kasten und von Borries der Gestaltung zusprechen.«

David Kasparek, Der Architekt

Recherche

Basislager für Demokratie

Wie können wir unsere Demokratie weiterentwickeln? Und welchen Beitrag kann Design das leisten? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer Gesprächsreihe, die die Ausstellung »Politics of Design, Design of Politics« begleitete.
Videointerviews u.a. mit Chantal Mouffe, Andreas Görgen, Klaus Lederer, Axel Kufus, Harald Welzer, Claudia Roth, Konstantin Grcic, Jesko Fezer, Van Bo Le-Mentzel, Milo Rau.

Die Interviews kann man hier abrufen!

2018

Stadt

Stadtverkehr für Übermorgen

Wie kann man sich die Zukunft der Stadt vorstellen? Die im Auftrag des BBSR erstellte Studie »Stadtverkehr für übermorgen« projiziert aktuelle urbane Mobilitätstrends in die Zukunft und entwickelt sie als Gedankenexperimente zu unterschiedlichen Stadtfiktionen weiter. Ziel der Stadtfiktionen ist es, zur Diskussion, zum Nachdenken aber auch zum Widerspruch anzuregen.

Weiter so

Stadtfiktion 1 beschreibt eine Stadt, in der alle aktuellen Trends der Vernetzung, Automatisierung, Elektrifizierung und der Einführung von Sharing-Systemen fortentwickelt werden.

Vernetzung

Stadtfiktion 2 zeigt eine Stadt, in der nicht bloß die heute bestehenden Mobilitätssysteme mit den Möglichkeiten der Digitalisierung fortentwickelt werden, sondern es wird ein vollständig neues, modulares und vernetztes Verkehrs- und Infrastruktursystem entworfen, das Individualverkehr und öffentlichen Personennahverkehr miteinander verknüpft.

Verdichtung

Stadtfiktion 3 beschreibt ein vollkommen dereguliertes und den freien Kräften des Marktes überlassenes System, das in eine Pluralität und Diversität unterschiedlicher Angebote mündet.

Entschleunigung

Stadtfiktion 4 orientiert sich am Leitbild der Stadt der kurzen Wege und des Sharings. Ökologische Nachhaltigkeit und Entschleunigung sind Ziele der Postwachstums.

Virtualisierung

Stadtfiktion 5 stellt eine Welt dar, in der sehr viele Anlässe für Mobilität durch Digitalisierung und Virtualisierung entfallen: Kommunikations- und Warenaustausche mittels elektronischer Medien und digitaler Strukturen ersetzen reale Verkehre von Personen und Gütern.

Ausstellung

Politics of Design, Design of Politics

Welche Aufgaben erwachsen Designer:innen, wenn sie sich als politische Akteure verstehen?

Wie politisch ist Design? Und kann man Politik gestalten? Welche Aufgaben erwachsen Designer:innen, wenn sie sich als politische Akteure verstehen? 2018 wurde Friedrich von Borries von Die Neue Sammlung – The Design Museum der Neuen Pinakothek in München zu einer Einzelausstellung eingeladen. So entstand »Friedrich von Borries: Politics of Design, Design of Politics«; Ausstellung, Intervention und Demokratieexperiment.

Politics of Design

Der erste Teil – die Auseinandersetzung mit „Politics of Design“ – zeigt an einer Reihe von Interventionen in die Sammlung des Museums auf, welches politische Moment Design in sich trägt. Anhand von Thesen wie „Design sexualisiert“, „Design kolonialisiert“ und „Design manipuliert“ wird ein neuer Blick auf Cola-Werbung, Sony-Walkmans und Möbel der Moderne geworfen.

Demokratisierung

Zur interventionistischen Haltung zählt aber auch, die Deutungsmacht des Museum in Frage zu stellen. Hierzu wurde in einem Open Call dazu aufgefordert, Objekte ins Museum zu bringen; im September bildeten alle Teilnehmer eine eigenständige Jury.
Für die Dauer der Ausstellung sind als Ergebnis im Museum nun u.a. Vulva-Modelle, DIY-Möbel und Urban-Gardening-Mülleimer zu sehen. Höhepunkt der Auseinandersetzung mit den „Politics of Design“ ist der Modellentwurf einer Rutsche, die von Friedrich von Borries für Thonet im Hinblick auf das anstehende 200-jährige Jubiläum von Thonet entworfen wurde. Sie thematisiert, dass Sitzen diszipliniert und zudem mit Besitzen zusammenhängt, und wirft die Frage auf, wie wir aus dem statischen beharrenden Sitzen in dynamische Bewegung kommen.

Mikael Mikael

Der zweite Teil der Ausstellung ist eine subjektive Reflexion des bisherigen Werkes von Friedrich von Borries in den beiden Paternoster-Liften. Mit einer Schenkung interveniert sein Heteronym, der Künstler Mikael Mikael, in die Sammlung des Museums, und in einer perpetuierenden, sisyphos-artigen Kugelbahn-Installation verweist er auf das grundsätzliche Dilemma eines politisch agierenden Künstlers oder Designers, der nie das – vermeintliche – Ziel erreichen wird.

Design of Politics

Der dritte Teil – „Design of Politics“ – untersucht die Möglichkeiten der Gestaltung und Veränderung von Politik durch Design. Welchen Beitrag kann das Design für die soziale und kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft leisten? In Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) fanden im Rahmen der Ausstellung deshalb Workshops als diskursiver, öffentlicher Designprozess statt. In einem Open Call wurden interessierte Bürger, Aktivisten, Designer, Künstler und Wissenschaftler zu einer Reihe von Workshops, einem „Basiscamp für Demokratie“ eingeladen, um gemeinsam Projektideen zu entwickeln. Das Basiscamp wurde von einer Interview-Reihe begleitet.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

Raum und Objekt

Die Münchner Rutsche

Thonet trifft auf Kinderspaß, denn nach dem Rutschen kommt der Aufstand.

Thonet trifft auf Kinderspaß, denn nach dem Rutschen kommt der Aufstand. Höhepunkt der »Politics of Design« ist eine Rutsche, die von Friedrich von Borries für das 200-jähriges Jubiläum von Thonet entwarf. Sie thematisiert, dass Sitzen diszipliniert und zudem mit Besitzen zusammenhängt.
Wie können wir aus dem statischen und beharrenden Sitzen in eine dynamische Bewegung kommen?

Die Rutsche befindet sich in der Sammlung von Die Neue Sammlung – The Design Museum, Pinakothek der Moderne, München

Publikation

Politics of Design, Design of Politics

Der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung diskutiert das Verhältnis von Design und Politik.

Der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung diskutiert das Verhältnis von Design und Politik. Ein abschließendes Glossar verdeutlicht an Begriffen wie »Verantwortung«, »Selbstverwirklichung«, »Ware« und »Markt«, in welchem Spannungsfeld Designer und Architekten heute agieren, wenn sie politisch verantwortungsvoll gestalten wollen.

Anhand von Thesen wie »Design sexualisiert«, »Design kolonialisiert« und »Design manipuliert« wird ein neuer Blick auf Cola-Werbung, Sony-Walkmans und die Le-Corbusier-Liege geworfen. Diese Diskussion über das politische Moment im Design wird ausgeweitet auf den Raum der Politik. Am Beispiel von Staatsempfängen, Wahlverfahren und Ordensverleihungen wird gefragt, ob politische Verfahren und Repräsentationsformen neu gestaltet werden müssen, um unsere Demokratie zu verbessern.

Publikation

Metastasen des Krieges

Wir leben im Krieg. Er umgibt uns, entzieht sich aber immer wieder unserer Wahrnehmung.

Wir leben im Krieg. Er umgibt uns, entzieht sich aber immer wieder unserer Wahrnehmung. Nur in den Nachrichten oder wenn ein Terroranschlag – den wir als Bestandteil des globalen Krieges verstehen müssen, in dem wir uns befinden – unser unmittelbares Umfeld betrifft, werden wir auf ihn aufmerksam. Was also sind die Metastasen des gegenwärtigen Krieges? Wie wird er sinnlich wahrnehmbar, und inwieweit ist diese sinnliche Wahrnehmbarkeit Ergebnis von Gestaltungsprozessen?

In »Metastasen des Krieges« versuchen der Philosoph Hans-Joachim Lenger und Friedrich von Borries in einer Improvisation diesen Fragen in all ihrer Widersprüchlichkeit nachzugehen. Ausgangspunkt sind zehn Bilder, Bilder des Krieges, seiner Techniken und Werkzeuge. Aus den zehn Bildern resultieren zehn paradoxale Thesen, denen Friedrich von Borries und Hans-Joachim Lenger in einem Gespräch, einem Gedankenaustausch nachgehen: eine Improvisation über die ästhetische Gegenwart des Krieges.

Ausstellung

Übungsraum für Kritik

Die Ausstellung Übungsraum für Kritik ist eine Versuchsanordnung zum aktiven Erproben von Kritik.

Die Ausstellung Übungsraum für Kritik in der Theaterfabrik Kampnagel in Hamburg ist eine Versuchsanordnung zum aktiven Erproben von Kritik. Sie widmet sich den Fragestellungen: Wie können wir das Üben von Kritik erlernen, welche Werkzeuge benötigen wir dafür und wie können wir uns auf Situationen vorbereiten, in denen wir (positive/negative) Kritik äußern und annehmen möchten?

Kritikfähigkeit ist eine Sozialkompetenz, die für ein demokratisches Zusammenleben konstitutiv ist. Denn es ist wichtig in einen Austausch mit anderen zu kommen und über unterschiedliche Standpunkte zu verhandeln. Um diese Sozialkompetenz zu fördern, muss man Mut haben, Zuhören können und seinen eigenen Standpunkt (er-)kennen. Die größte Kunst beim Kritik üben ist, einem anderen Menschen zu sagen, wie wir ihn sehen oder zu einem Thema stehen, ohne ihn dabei zu verletzen – und im Gegenzug die Meinung und Wahrnehmung von anderen anzunehmen, ohne uns dabei verletzt zu fühlen.

In Form eines Zirkeltrainings ermöglicht der Übungsraum, die eigene Kritikfähigkeit gezielt zu trainieren. Jede Station konzentriert sich auf einen Bereich des Kritik-Übens, damit spezifische Kompetenzen erworben und in Alltagssituationen angewandt werden können.

Intervention

Jeder ist ein Designer?

Open Call für DIY-Designer:innen, sich an der Ausstellung »Politics of Design, Design of Politics« zu beteiligen.

Ein Open Call für DIY-Designer:innen, sich an der Ausstellung »Politics of Design, Design of Politics« zu beteiligen. Kann man das Ausstellen von Design demokratisieren? Und die Besucher:innen selber entscheiden lassen, was im Museum ausgestellt wird? Ein Experiment beginnt, bei der Kurator und das Museum die Entscheidungshoheit abgeben.

Teil der Ausstellung »Friedrich von Borries: Design of Politics, Politics of Design« war ein Open Call, bei dem Hobby-Designer:innen, Freizeit-Gestalter:innen und DIY-Aktivist:innen eingeladen wurden, ihre selbst gemachten Objekte ins Museum zu bringen. Alle Beteiligten trafen dann gemeinsam eine Auswahl, welche der präsentierten Objekte für die Dauer der Ausstellung in den sonst leeren unbestückten Möbeln und Objekten der Dauerausstellung der Neuen Sammlung gezeigt wurden.

Seit es Design gibt, bestimmen Designmuseen, was sammlungswürdig ist. Ziel dieses Open Call war, im Sinne einer Demokratisierung dieses hierarchische Selbstverständnis der Museen zu durchbrechen.

Ausgestellt wurden u.a. Vulva-Modelle, DIY-Möbel und Urban-Gardening-Mülleimer

Ausstellung

Ehrlich-Monument

Wer als Gestalter Gesellschaft verändern will, darf nicht nur Oberflächen, Gegenstände, Räume gestalten.

Was wir von Ehrlich lernen können? Wer als Gestalter Gesellschaft verändern will, darf nicht nur Oberflächen, Gegenstände, Räume gestalten, sondern muss in Strukturen intervenieren, Organisationsformen ändern und neue Entscheidungsmuster entwerfen.

Franz Ehrlich (1907-84) war Bauhaus-Schüler, Architekt und Designer. Er agierte unter den extremen politischen Rahmenbedingungen des 20. Jahrhunderts – als Häftling im „Baubüro“ des KZ Buchenwald, als Modernist im Stalinismus, als angepasster Nonkonformist in der DDR. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen das Rundfunkhaus in der Berliner Nalepastraße, der Möbeltypensatz »602« der Deutschen Werkstätten Hellerau und der Schriftzug im Tor des KZ Buchenwald.
Das „ehrlichmonument“ ist eine Installation von Friedrich von Borries, Jens-Uwe Fischer und Frieder Bohaumilitzky soll veranschaulichen, was wir von Ehrlich lernen können: „Wer als Gestalter versuchen will, Gesellschaft zu verändern, darf nicht nur Oberflächen, Gegenstände, Räume gestalten, sondern muss in Strukturen intervenieren, Organisationsformen ändern und neue Entscheidungsmuster entwerfen“.
Das Monument ist aus verschiedenen Elementen von »602» zusammengesetzt und wurde im DAZ - Deutsches Architekturzentrum Berlin ausgestellt.

Publikation

Kritik üben. Ein Manual

Ein Kritik-Trainingsbuch, das den Leser:innen hilft, besserer Gesellschaftskritiker:innen zu werden.

Ein Kritik-Trainingsbuch, das den Leser:innen hilft, bessere Gesellschaftskritik zu üben. Denn der Kritik geht es nicht besonders gut. Sie scheint heute keinen mehr zu überraschen und zu provozieren, sie scheint in alten Rederoutinen verfangen. Doch das wird sich ändern, denn »Kritik Üben« bietet das perfekte Workout an! Dabei helfen als Trainer:innen u.a. Rahel Jaeggi, Kevin Kühnert und Harald Welzer.

Der Kritik geht es nicht besonders gut. Gerade im Jahr des 50. Geburtstags von 68 fällt auf, wie glanz-, lust- und kraftlos sich die Gesellschaftskritik darstellt. Sie scheint heute keinen mehr zu überraschen und zu provozieren, sie scheint in alten Rederoutinen verfangen. Wer interessiert sich eigentlich noch für den klassischen Intellektuellen? Und wer traut der Gesellschaftskritik schon ernsthaft zu, die Gesellschaft auch wirklich zu verändern? In akademischen Debatten wird die Kritik sogar verdächtigt, die bestehenden Verhältnisse noch zu bestärken und eine Art Schmiermittel in der neoliberalen Maschinerie zu sein. In den sozialen Netzwerken wiederum scheint die Kritik jedes Maß und jedes Ziel zu verlieren. Und sowohl in der digitalen als auch in der analogen Realität wächst mit der Aggressivität auch die Empfindlichkeit, und oft taugt schon der Verweis auf das authentisch-gekränkte Seelenleben als Argumentationsersatz.

Über diesen Zustand der Gesellschaftskritik wollen die beiden Autoren nicht jammern. Stattdessen blicken sie in die Gegenwart und Zukunft und sagen: Wir müssen die Kritik wieder trainieren!

Die gute Nachricht ist: Kritik ist ein Muskel, der trainiert werden kann und »Kritik üben. Ein Manual: für alle → vom Einsteiger bis zum Profi« ist das passende Work-out dazu! In acht Kapitel beziehungsweise Übungseinheiten sollen die Leser grundsätzlich über Kritik nachdenken. Dabei helfen Interviews mit »Kritiktrainern«, wie etwa der Philosophin Rahel Jaeggi, dem Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert oder der Feministin Meredith Haaf. Darüber hinaus versammelt »Kritik üben« einschlägige Texte zur Gesellschaftskritik – von Immanuel Kant über Karl Marx bis Jürgen Habermas. Übungsziele sind etwa, die Lust am Streit wiederzuentdecken, dem herrschenden Pessimismus zu widerstehen und zu Maßstäben der Kritik zu kommen. Gut möglich, dass der Leser dabei auch einmal vor den Kopf gestoßen wird. Wenn es etwa darum geht, dass linke und linksradikale Gesellschaftskritiker die Probleme unserer Zeit verharmlosen. Oder dass wir für gute Kritik nicht mehr Moral brauchen, sondern weniger.

Ausstellung

Design Display #7: Tuning

Ist Tuning eine kulturelle Strategie, die sich auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse übertragen lässt?

Ist Tuning ist eine kulturelle Strategie, die sich von der automobilen Welt auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse übertragen lässt? Why not: Etwas Bestehendes wird weiterentwickelt und aufgewertet. Design Display zeigt zehn Beispiele aus der Welt des Tunings, die individuelles Engagement, Kreativität, Hochtechnologie und kollektives Wissen für Veränderungsprozesse nutzen.

Publikation

On Display #7: Tuning

Das Magazin zur Ausstellung Design Display - mit Texten von Paolo Tumminelli, Daniel Völzke, Harald Welzer.

2017

Ausstellung

Design Display #6: Vergänglichkeit

Mit Vergänglichkeit umgehen: Ein Mobiltelefon von Dave Hakkens und ein Stuhl von Maarten Baas.

Vergänglichkeit ist ein wiederkehrendes Thema im Design. Langlebigkeit gilt als Merkmal guten Designs, das heute durch die Nachhaltigkeitsdebatte wieder verstärkt in unser Bewusstsein rückt. Zugleich setzt die wachstumsorientierte Wirtschaft auf Vergänglichkeit, damit regelmäßig neue Produkte gekauft werden. Wie man mit Vergänglichkeit produktiv umgeht, zeigen ein Mobiltelefon von Dave Hakkens und ein Stuhl von Maarten Baas.

Design Display 6 zeigt zwei Projekte, in denen Designer bewusst mit der »Vergänglichkeit« ihrer Produkte umgehen. Dabei werden auch zwei unterschiedliche Auffassungen von Design deutlich.

Braucht Schönheit Vergänglichkeit?

Der Designer Maarten Baas will das Unbehagen an Vergänglichkeit mindern, indem er Alterungsprozessen eine ästhetische Dimension zuweist. Vergänglichkeit ist dann kein Problem mehr, sondern etwas Wertvolles, das man bewusst zelebriert.

Beschleunigt Vergänglichkeit Wachstum?

Dave Hakkens versteht Design als Werkzeug zur Lösung von Problemen. Um Abfall zu vermeiden, will er Konsumprodukte langlebiger machen. Er schlägt vor, Elektrogeräte als Modulsysteme zu konzipieren. Dann können verschlissene Teile einfach ersetzt werden.

Publikation

On Display #6: Vergänglichkeit

Das Magazin zur Ausstellung Design Display - mit Texten von Belinda Grace Gardner, Sebastian Hackenschmidt

Ausstellung

Design Display #5: Demokratie

Beispiele für demokratische Stadtentwicklung und fünf Projekte über Blockchain-Technologie

Designer entwerfen nicht nur Gegenstände, sondern auch komplexe Systeme und Prozesse. Die Demokratie ist ein solches System. Überall auf der Welt arbeiten Designer deshalb mit Politikern, Wissenschaftlern und Aktivisten zusammen, um mehr Demokratie zu ermöglichen.

On Display stellt die PlanBude als Beispiel für demokratische Stadtentwicklung vor und fünf Projekte, die Demokratie mithilfe der Blockchaintechnologie neu denken.

Wie gelingt lokale Partizipation?

Auf die Entwicklung ihrer Stadt haben die Anwohner oft wenig Einfluss. Der von der PlanBude Hamburg für die Esso-Häuser in St. Pauli gestaltete Beteiligungsprozess zeigt, wie man mit kreativen Formen von Partizipation lokale Demokratie ermöglichen kann. Dabei wurden die Interessen von allen Beteiligten konstruktiv ausgehandelt und unerwartete Lösungen entwickelt. Design Display stellt die PlanBude und ihren Ansatz für demokratische Stadtentwicklung vor.

Wie gestaltet man E-Demokratie?

Die Idee von elektronischer Demokratie ist es, durch das Internet eine höhere Bürgerbeteiligung zu erreichen. Das scheiterte bislang oft an Sicherheitsproblemen. Nun gibt es mit Blockchain eine neue Verschlüsselungstechnologie, die sichere Kommunikation und Datenspeicherung im Internet ermöglicht. Für neue Technologien sinnvolle Anwendungen zu finden, ist eine der Aufgaben von Design. Design Display stellt in drei Audiofeatures die Funktionsweise der Blockchain und Anwendungsbeispiele für E-Governance und E-Partizipation vor.

Publikation

On Display #5: Demokratie

Das Magazin zur Ausstellung Design Display – mit Texten von Till Briegleb und Verena Dauerer

Ausstellung

Design Display #4: Mexiko

Zwei Projekte aus Mexiko: Mode und Architektur zwischen Tradition und Zukunftsutopie.

Zwei Projekte aus Mexiko: Mode und Architektur zwischen Tradition und Zukunftsutopie.
Mexiko ist ein Land voller Gegensätze: ein moderner Industriestandort, der zugleich über eine vielfältige und traditionsreiche Designkultur verfügt. Design Display zeigt zwei Projekte, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden.

Die Modedesignerin Carla Fernández übersetzt traditionelles mexikanisches Kunsthandwerk in zeitgenössische High Fashion. Der Architekt und Urban Designer Fernando Romero plant eine binationale Stadt der Zukunft. Beide Projekte zeigen, wie Design sich mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzt und dabei neue Perspektiven entwickelt.

Publikation

On Display #4: Mexiko

Das Magazin zur Ausstellung Design Display - mit Projekten von Carla Fernandez und Fernando Romero.

Mexiko: Traditionen bewahren und Zukunft gestalten. Mexiko ist ein Land voller Gegensätze: ein moderner Industriestandort, der zugleich über eine vielfältige und traditionsreiche Designkultur verfügt. Design Display zeigt zwei Projekte, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden.

Die Modedesignerin Carla Fernández übersetzt traditionelles mexikanisches Kunsthandwerk in zeitgenössische High Fashion. Der Architekt und Urban Designer Fernando Romero plant eine binationale Stadt der Zukunft. Beide Projekte zeigen, wie Design sich mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzt und dabei neue Perspektiven entwickelt.

Publikation

Mexibility

Katalog zur gleichnamigen Ausstellung. Beiträge von Armen Avanessian, Christoph Faulhaber, Folke Köbberling

Katalog zur gleichnamigen Ausstellung. Beiträge von Armen Avanessian, Christoph Faulhaber, Jesko Fezer, Folke Köbberling

Ausstellung

Mexibility

Ausstellung über Mobilität in Mexico-City, die Phänomene der Gegenwart und Geschichte kritisch betrachtet.

Mexibility ist ein Forschungs-, Interventions- und Ausstellungsprojekt in Mexico-City. Im Zentrum steht das Thema Mobilität, die nicht allein als physische Bewegung in der Stadt gedacht wird, sondern auch Fragen sozialer, ökonomischer und ökologischer Mobilität umfasst. Anhand von sieben Themenachsen werden Phänomene der Gegenwart und Geschichte Mexikos kritisch betrachtet und in aktuellen Kontext gestellt.

Die Ausstellung »Mexibility« dokumentiert Prozess und Ergebnisse der sieben Interventionen von deutschen Künstlern/ Künstlergruppen im urbanen Raum von Mexiko-Stadts, die in Kooperation mit fünf Institutionen der UNAM entstanden sind. Sieben zeitgenössische künstlerische Positionen von deutschen und mexikanischen Künstlern sowie Mappings kontextualisieren diese Themen.

Ausstellung

Bibliothek für Gesellschaftsdesign

Die Bibliothek für Gesellschaftsdesign ist ein Diskursraum, der sich ständig verändert.

Die ursprüngliche Überlegung der von Friedrich von Borries an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) Hamburg initiierten Bibliothek für Gesellschaftsdesign war, den Studierenden nahezulegen, sich während ihres Studiums jeden Monat mit einem Buch auseinanderzusetzen – bei einer regulären Studienzeit von 5 Jahren à 12 Monaten entspräche dies 60 Büchern.

Diese Bücherliste soll aber weder zu einer Kanonbildung führen noch zu einem zahlenmäßig begrenzten Verzeichnis, das es nur abzuarbeiten gilt. Deshalb muss und wird es im Rahmen der Bibliothek einen fortwährenden Diskurs über Bücher geben: Auf diese Weise unterliegt der Bestand der Bibliothek einem permanenten Wandlungsprozess – die Auseinandersetzung mit dem Thema Gesellschaftsdesign soll fortwährend aktualisiert werden und neue Impulse erhalten.
Durch den Diskurs über thematisch relevante Bücher konfrontiert die Bibliothek für Gesellschaftsdesign den Bereich des Designs mit seiner gesellschaftlichen Verantwortung und gibt zugleich Anregungen für die Entwicklung neuer Methoden und innovative Forschungsansätze. Als temporär installierte mobile Institution soll die Bibliothek an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Kontexten auftauchen.

Die Umsetzung der Bibliothek wird durch die Leinemann-Stiftung für Bildung und Kunst, Hamburg ermöglicht. In Kooperation mit der AG Gesellschaftsdesign der Hochschule für bildende Künste Hamburg.

Veranstaltung

Design ist politisch

Ein Salzstreuer reist als Teil der Kritikmaschine des Goethe-Instituts einmal um die Welt.

Vom Goethe-Institut eingeladen und mit einem Salzstreuer ausgestattet gehr es einmal um die Welt - als Teil der Kritikmaschine der Zeitschrift Kursbuch und des Goethe-Instituts. Design ist politisch: Wie wird diese Frage in unterschiedlichen kulturellen und politischen Kontexten eingeordnet? Die Reise führte nach Riga, Moskau, St. Petersburg, Colombo, Yogjakarta, Jakarta, Lille, New York, Boston, Chicago, Los Angeles.

In einer Vortragsreise um die ganze Welt reflektiert Friedrich von Borries auf Einladung des Goethe-Instituts, inwieweit Design politisch ist - vom Salzstreuer bis zu den Politiker:innen selbst. Auf den Vortrag von Friedrich von Borries antwortet jeweils ein lokaler Experte. Im Anschluss findet eine Diskussion mit dem Publikum statt. Wie politisch Design ist, wird so in den unterschiedlichen lokalen Kontexten aus verschiedenen politischen Perspektiven diskutiert.

2016

Publikation

Weltentwerfen

Ein Manifest über Design und Politik: Der vorsichtige Versuch einer politischen Designtheorie

Ein Manifest über Design und Politik: Der vorsichtige Versuch einer politischen Designtheorie. Denn heute wird praktisch alles designt: das Klima, Prozesse, Flüchtlingslager. Wenn jedoch alles designt wird, ist es höchste Zeit, Design nicht länger allein nach ästhetischen Gesichtspunkten zu bewerten. Wir brauchen, so Friedrich von Borries, eine politische Designtheorie.

Der Mensch ist gezwungen, die Bedingungen, unter denen er lebt, zu gestalten. Geschieht dies so, dass Handlungsoptionen reduziert werden, haben wir es mit Unterwerfung zu tun.
In seinem Manifest plädiert von Borries hingegen für ein entwerfendes Design, das sich der totalitären Logik der Versicherheitlichung entzieht und gegen die Ideologie der Alternativlosigkeit neue Formen des Zusammenlebens imaginiert.
Dafür entwickelt er eine einfach nachvollziehbare Matrix, die die Gesamtheit des »Weltentwerfens« in die Unterpunkte »Überlebensdesign«, »Sicherheitsdesign«, »Gesellschaftsdesign« und »Selbstdesign« strukturiert und – in ironischer Anlehnung an die »10 Thesen für gutes Design» von Dieter Rams und die im Marketing gebräuchliche Bedürfnispyramide von Abraham Maslow – neue Kriterien für »gutes« Design entwickelt.

»Vielleicht muss man sich dieses Buch als einen Akt produktiver Sabotage vorstellen, ... um einem Publikum ein politisches Bewusstsein unterzujubeln, das gewohnheitsmäßig lieber über Design spricht.«

Felix Stephan, ZEIT ONLINE

» ... ein sehr gut gegliedertes und lektoriertes Manifest, das in 6 Teilen, gut kommentierten Thesen und erhellenden Fußnoten zu einer Topografie von Möglichkeiten und Wirkung führt.«

Birgit Bauer, designkritik.dk

» ... dem Buch gelingen bemerkenswerte Querverbindungen und Verweise.«

David Kasparek, der architekt

Ausstellung

Design Display #3: Designforschung

Das Department of Seaweed von Julia Lohmann und der Solar Curtain von Petra Blaisse.

Wie entsteht Neues? Durch Forschung und Kreativität. In der Designforschung kommt beides zusammen. Designforschung ist eine junge Disziplin, die wissenschaftliche, handwerkliche und künstlerische Methoden kombiniert und mit Experten anderer Disziplinen kooperiert. Das Department of Seaweed von Julia Lohmann und der Solar Curtain von Petra Blaisse sind dafür zwei aktuelle Beispiele.

Als neugierige und kreative Forscher:innen experimentieren Designer:innen mit neuen und traditionellen Materialien und Verarbeitungstechniken. Das Department of Seaweed von Julia Lohmann und der Solar Curtain von Petra Blaisse sind zwei Beispiele für dies aktuelle Form von Designforschung. Sie arbeiten ergebnisoffen an Projekten, mit denen sie eine bessere Zukunft gestalten wollen. So kann Unerwartetes möglich werden.

Publikation

On Display #3: Designforschung

Das Magazin zur Ausstellung Design Display – mit Projekten von Julia Lohmann und Petra Blaisse

Wie entsteht Neues? Durch Forschung und Kreativität. In der Designforschung kommt beides zusammen. Als Forscher experimentieren Designer mit Materialien und Verarbeitungstechniken. Designforschung ist eine junge Disziplin, die wissenschaftliche, handwerkliche und künstlerische Methoden kombiniert und mit Experten anderer Disziplinen kooperiert. Designforschung ist ein offener Prozess. Am Anfang steht oft die Neugierde der Designer.

Das Department von Seaweed von Julia Lohmann und der Solar Curtain von Petra Blaisse sind zwei Beispiele für aktuelle Designforschung. Sie arbeiten ergebnisoffen an Projekten, mit denen sie eine bessere Zukunft gestalten wollen. So kann Unerwartetes möglich werden.

Ausstellung

Design Display #2: Einfachheit

Zwei Designer auf der Suche nach Einfachheit: Jasper Morisson und Rafael Horzon

IImmer wieder begeben sich Designer auf die Suche nach Einfachheit. Zum Beispiel Jasper Morrison und Rafael Horzon. Ein Aspekt dabei ist die Wirtschaftlichkeit. Bei der Fertigung einfacher Gegenstände werden beispielsweise Zeit und Material gespart. Einfachheit hat aber auch eine ästhetische Dimension. Sie wird von vielen Designern als ein Ausdruck von Schönheit empfunden. Am wichtigsten ist ihnen jedoch die ethische Bedeutung von Einfachheit: Sie gestalten Dinge so einfach wie möglich, um den Nutzer nicht vom Wesentlichen abzulenken.

In der Vitrine werden zwei ganz alltägliche Gegenstände gezeigt: ein Besteck und ein Regal. Sie zeigen zwei verschiedene Bedeutungen von Einfachheit im Design. Für den Designer Jasper Morrison bedeutet Einfachheit die Reduktion auf das Normale und Unauffällige. Das kann man an seinem Besteck erkennen. Rafael Horzon, der das Regal Modernentworfen hat, versteht Einfachheit als ästhetischen Minimalismus. Seine Entwürfe betreff en aber mehr als nur Gegenstände. Er entwirft auch Unternehmen, gestaltet Ideen und Projekte.

Publikation

On Display #2: Einfachheit

Das Magazin zur Ausstellungsreihe Design Display, Texte von Florian Hufnagl, Niklas Maak, Sophie Lovell

Publikation

Show you are not Afraid

Brauchen wir uns in der Welt, in der wir leben, keine Angst machen? Oder sollten wir Angst haben?

Die Ausgabe 171/172 der Zeitschrift Ästhetik und Kommunikation widmet sich dem Werk von »Mikael Mikael«. Schwerpunkt des Werkberichts ist die Auseinandersetzung mit Angst, die mit Überlegungen zu dem Konzept der Identität verknüpft wird.
Mit Beiträgen u.a. von Tobias Becker, Elke Buhr, Thomas Edelmann, Felix Hoffmann, Stephan Poromka und Ralf Schlüter.

In den verschiedenen Beiträgen wird die Frage aufgeworfen, inwiefern Strategien der Identitätserzeugung eine Entgegnung auf die Herausforderungen der Gegenwart sein könnten. SHOW YOU ARE NOT AFRAID ist ein Appell, der in diesen Zeiten viele anspricht. Ist er richtig? Brauchen wir in der Welt, in der wir leben, keine Angst zu haben? Oder sollten wir Angst haben? Und was sollte uns beängstigen? Wie können wir mit Angst, ob sie berechtigt ist oder nicht, umgehen?
SHOW YOU ARE NOT AFRAID ist der Titel der Ausgabe 171/172 der Ästhetik & Kommunikation. Sie fokussiert damit 15 Jahre nach 9/11 einen Satz, den der Künstler Mikael Mikael lang in den Vordergrund seiner Arbeit stellte.

Raum und Objekt

Show You Have Words

Show You Have Words ist ein Projekt von Mikael Mikael und art auf der Kunstmesse Art Cologne.

In der Ausgabe von art 4/2016 befinden sich Sticker mit der Parole »Show you are not afraid«. Die Wörter und Buchstaben können als ganzer Satz oder als Fragment neu kombiniert an geeignete Objekte und Orte geklebt werden. Anschließend auf der art-Website oder www.showyouarenotafraid.org veröffentlichen oder unter #showyouhavewords und #showyouarenotafraid posten.

Mit dem Ausruf »Show you are not afraid, go shopping!« forderte der New Yorker Bürgermeister Rudolph W. Giuliani einen Tag nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Bevölkerung von NYC auf, Konsum als politischen Protestakt und Form der Re-etablierung von „Normalität“ zu verstehen. Dieser Ausspruch ist Ausgangspunkt für das minimalistische Plakat von Mikael Mikael. Dieses wird von ihm in mit gesellschaftlichen Konflikten verbundene räumliche Kontexte gebracht und dort fotografisch dokumentiert, ist aber auch zur Aneignung durch andere freigegeben.

Film

Was will das Kätzchen mit dem Kästchen bloß?

Ein »Katz-und-Maus«-Spiel von Mikael Mikael im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main

Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt hat seine Depots für dreißig Fachleute und Kulturschaffende geöffnet, um anhand der von ihnen ausgewählten Objekte unterschiedliche Möglichkeiten und Motive dieses Phänomens aufzuspüren. Im Zentrum der Ausstellung Vom Verbergen steht die vielfältige Betrachtung der heterogenen Sammlung des Museums im Hinblick auf den Begriff und das Phänomen des Verbergens.

Friedrich von Borries hat sich aus der Sammlung für eine Schatulle von Richard Meier entschieden und diese vom Künstler Mikael Mikael im Kontext des Zeigens und Verbergens neu interpretiert.

»Den Gastkurator Friedrich von Borries zum Beispiel inspirierte die vom Architekten Richard Meier (der übrigens auch das MAK selbst baute) als Designobjekt entworfene Dose dazu, den geheimnisvollen Künstler Mikael Mikael (er lebt im Verborgenen, tritt nie öffentlich auf) zu beauftragen. Der wiederum schuf daraufhin sein großartiges Katz-und-Maus-Spiel, das zu den Höhepunkten der Schau zählt.«

Markus Wölfelschneider, Die Welt

Stadt

Kampnagel

Planerischen Restriktionen für Stellplätze und Fahrgasse als Rahmenbedingung für einen Entwurf.

In der Planung des Freiraums mussten auch die Anforderungen für den Parkraum entsprochen werden. Die planerischen Restriktionen für Stellplätze und Fahrgasse bildeten deshalb den Rahmen für den Entwurf. Dieser verfolgt eine Doppelstrategie – auf der einen Seite werden pragmatisch die planungsrechtlichen Vorgaben berücksichtigt, auf der anderen Seite eine Ästhetik der Täuschung erzeugt.

Aus den Parkraumvorgaben wurde ein Raster abgeleitet und über das Gelände gelegt. Die dadurch entstehenden Flächen lassen sich mit unterschiedlichen Oberflächenmaterialien, Pflanzungen oder anderen Elementen befüllen oder durch eine Ausdünnung des Rasters vergrößern.
Das Raster erzeugt ein Spielfeld, die Einzelflächen können partizipativ besetzt und falls notwendig unkompliziert verändert werden.

Intervention

Posterkampagne »SYANA«

Poster downloaden, aufhängen und fotografieren.

»SHOW YOU ARE NOT AFRAID!« Diesen Satz sagte der New Yorker Bürgermeister einen Tag nach 9/11 zu seiner Bevölkerung. Wovor sollte man heute keine Angst haben – oder eben gerade doch? Und was heißt es, Angst nicht zu zeigen, obwohl man sie hat?
Poster downloaden, aufhängen und fotografieren, kurzer Text über Ort und Inhalt uploaden.

2015

Ausstellung

Design Display #1: Innovation

Innovation durch Design: Joris Laarman und die Raptor Hand Reloaded.

Der erste Ausgabe der Ausstellungsreihe Design Display in der Autostadt Wolfsburg handelt von den Möglichkeiten, die sich durch Anwendung innovativer Produktions- und Entwurfsverfahren ergeben. Dass dabei ganz verschiedene Wege eingeschlagen werden können, zeigen der Bone Chair von Joris Laarman und die Raptor Hand Reloaded des e-Nable-Netzwerkes.

Publikation

On Display #1: Innovation

Das Magazin zur Ausstellung Design Display. Mit Texten von Thomas Edelmann und Mara Recklies.

Publikation

Blackout

Was, wenn sich unter dem Schwarzen Quadrat von Kasimir Malewitsch nicht Nichts befände?

Was, wenn sich unter dem Schwarzen Quadrat von Kasimir Malewitsch nicht Nichts befände? 1915 stellte Kasimir Malewitsch zum ersten Mal das Schwarze Quadrat aus. Eine schwarze Fläche auf weißem Grund. Inzwischen hat das Schwarze Quadrat, dass eigentlich kein Quadrat ist, Risse. Was kommt dahinter zum Vorschein? Eine Reflexion über die geheime Karte, die im Schwarzen Quadrat verborgen ist.

Veranstaltung

Feierstunde für das Schwarze Quadrat

100 Jahre Schwarzes Quadrat. Eine Feierstunde zu Ehren Kasimir Malewitschs. Mit Wodka und Skrjabin.

Hundert Jahre nachdem das Schwarze Quadrat (1915) von Kasimir Malewitsch erstmals ausgestellt wurde, lädt die Berlinische Galerie zur Feierstunde mit Musik-Performance, Ausstellung und Buchpräsentation ein. Gezeigt wird die Zeichnung »Landkarte nach Utopia« von Mikael Mikael. Außerdem gibt es Wodka und Klaviermusik von Skrjabin.

Stadt

Freiraum München 2030

Freiraumentwicklungsstrategie für München – Zeithorizont 2030.

Konzept für die langfristige Freiraumentwicklung von München, erstellt im Auftrag des Referats für Stadtplanung und Bauordnung München und gemeinsam mit bgmr Landschaftsarchitekten und Freiraumstudio Landschaftsarchitektur. Zeithorizont war das Jahr 2030.

München ist eine wachsende Stadt. Neben Flächen für den Wohnungsbau, werden in Zeiten von Klimwandel und sich verändernden demographischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch neue Flächen für den Freiraum benötigt.
Welche Freiflächen und Freiraumangebote werden vor dem Hintergrund der Flächenkonkurrenz langfristig benötigt und können zukünftig geschaffen werden?

Publikation

Museum Unplugged

Sonderpublikation anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Museums Marta Herford.

Publikation

On Display #0

Das Startmagazin der Ausstellungsreihe Design Display in der Autostadt Wolfsburg.

Die Ausstellungsreihe Design Display in der Autostadt in Wolfsburg präsentiert alle vier Monate zwei Designprojekte in einer 20 Meter langen, 2,40 Meter hohen, dreieckigen Glasvitrine. Dazu gehört auch das Designmagazin On Display mit vertiefenden.
Ausgabe »0« stellt den zugrundeliegende Designbegriff und die beteiligten Gestalter vor.
Mit Texten von Florian Heilmeyer und Friedrich von Borries.

Die Ausstellung präsentiert nicht nur Design, sie wird natürlich ebenfalls gestaltet – bereits dieser Prozess folgt einem erweiterten Designbegriff. Drei Designer haben gemeinsam ein Konzept entwickelt, bei dem inhaltliche und gestalterische Arbeit Hand in Hand gehen – Konstantin Grcic, Jesko Fezer und Nicolas Bourquin.

Raum und Objekt

Veranstaltungsraum für Suhrkamp

Ein leerstehendes Ladengeschäft in Berlin wird für 9 Monate zu einem Veranstaltungsraum für den Suhrkamp Verlag.

Ein leerstehendes Ladengeschäft auf der Potsdamer Straße in Berlin wird für 9 Monate zu einem Veranstaltungsraum für den Suhrkamp Verlag. Einziger Einbau ist neben Absturzgeländern eine Holztreppe, die eine Sitzsituation schafft. Der vorhandene, stark verschmutzte Teppichboden wird durch das Bedrucken in Leuchtfarbe mit einem Text von Walter Benjamin zum Eyecatcher.

Walter Benjamin, »Ankleben verboten! Die Technik des Schriftstellers in dreizehn Thesen«,
in: ders., Eisenbahnstraße, Frankfurt am Main 1955 (Bibliothek Suhrkamp), S. 46-49.

I. Wer an die Niederschrift eines größeren Werks zu gehen beabsichtigt, lasse sich's wohl sein und gewähre sich nach erledigtem Pensum alles, was die Fortführung nicht beeinträchtigt.

II. Sprich vom Geleisteten, wenn du willst, jedoch lies während des Verlaufes der Arbeit nicht daraus vor. Jede Genugtuung, die du dir hierdurch verschaffst, hemmt dein Tempo. Bei der Befolgung dieses Regimes wird der zunehmende Wunsch nach Mitteilung zuletzt ein Motor der Vollendung.

III. In den Arbeitsumständen suche dem Mittelmaß des Alltags zu entgehen. Halbe Ruhe, von schalen Geräuschen begleitet, entwürdigt. Dagegen vermag die Begleitung einer Etüde oder von Stimmengewirr der Arbeit ebenso bedeutsam zu werden wie die vernehmliche Stille der Nacht. Schärft diese das innere Ohr, so wird jene zum Prüfstein einer Diktion, deren Fülle selbst die exzentrischen Geräusche in sich begräbt.

IV. Meide beliebiges Handwerkszeug. Pedantisches Beharren bei gewissen Papieren, Federn, Tinten ist von Nutzen. Nicht Luxus, aber Fülle dieser Utensilien ist unerläßlich.

V. Laß dir keinen Gedanken inkognito passieren und führe dein Notizheft so streng wie die Behörde das Fremdenregister.

VI. Mache deine Feder spröde gegen die Eingebung, und sie wird mit der Kraft des Magneten sie an sich ziehen. Je besonnener du mit der Niederschrift eines Einfalls verziehst, desto reifer entfaltet wird er sich dir ausliefern. Die Rede erobert den Gedanken, aber die Schrift beherrscht ihn.

VII. Höre niemals mit Schreiben auf, weil dir nichts mehr einfällt. Es ist ein Gebot der literarischen Ehre, nur dann abzubrechen, wenn ein Termin (eine Mahlzeit, eine Verabredung) einzuhalten oder das Werk beendet ist.

VIII. Das Aussetzen der Eingebung fülle aus mit der sauberen Abschrift des Geleisteten. Die Intuition wird darüber erwachen.

IX. Nulla dies sine linea – wohl aber Wochen.

X. Betrachte niemals ein Werk als vollkommen, über dem du nicht einmal vom Abend bis zum hellen Tage gesessen hast.

XI. Den Abschluß des Werkes schreibe nicht im gewohnten Arbeitsraume nieder. Du würdest den Mut dazu in ihm nicht finden.

XII. Stufen der Abfassung: Gedanke – Stil – Schrift. Es ist der Sinn der Reinschrift, daß in ihrer Fixierung die Aufmerksamkeit nur mehr der Kalligraphie gilt. Der Gedanke tötet die Eingebung, der Stil fesselt den Gedanken, die Schrift entlohnt den Stil.

XIII. Das Werk ist die Totenmaske der Konzeption.

2014

Publikation

Urbane Interventionen Hamburg

In Hamburg treffen langfristig angelegte Wachstumssstrategien auf traditionelle Protestkultur.

In Hamburg treffen langfristig angelegte Wachstumssstrategien auf traditionelle Protestkultur. In diesen Spannungsfeldern kommen verschiedenste Formen der urbanen Intervention zum Einsatz, die als künstlerisches Experiment, Protestform oder Marketinginstrument gedacht sind und mal gegen-, mal miteinander operieren und in einem dynamischen Wechselverhältnis stehen.

Die Publikation »Urbane Interventionen Hamburg« beleuchtet dieses Spannungsfeld und fächert anhand konkreter Beispiele die unterschiedlichen Zielsetzungen, Methoden und Wirksamkeiten künstlerischer, diskursiver, aktivistischer und stadtplanerischer Interventionen in Hamburg auf.
»Urbane Interventionen Hamburg« folgt auf das »Glossar der Interventionen« (Berlin 2012) und setzt die Untersuchung fort, ob, und wenn ja, welche Wirksamkeit künstlerische Interventionen entfalten, ob also der selbst formulierte Anspruch eingelöst wird. Beide Bände erscheinen im Rahmen eines Forschungsprojekts an der HFBK Hamburg, das künstlerische, architektonische, performative und aktivistische Interventionen in urbanen Räume vergleichend untersucht. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Projektgruppe kommen aus den Bereichen der Bildenden Kunst, Architektur, Philosophie, Medien-, Kunst- und Kulturwissenschaften und bringen zudem Erfahrungen aus künstlerischer, politischer und kuratorischer Praxis mit.

Publikation

Urbane Interventionen Istanbul

Kunst und Protest rund um den Gezi-Park und den Taksim-Platz.

Mit Faszination haben wir im Sommer 2013 die Proteste rund um den Gezi-Park und den Taksim-Platz verfolgt. Zum einen, weil sie aus Auseinandersetzungen um urbane Themen hervorgingen, zum anderen, weil Kunst und künstlerische Praxen eine besondere Rolle bei diesen Protesten einnahmen.
Unser Blick auf Gezi und Taksim ist einer von außen – und er ist subjektiv.

Unser Bild ist geprägt von den Berichten unterschiedlichster Gesprächspartner_innen, die mit verschiedenen Intensitäten in die Proteste involviert waren. Es ist nicht das Ziel dieser Publikation, die Türkei zu verstehen oder Istanbul zu erklären, sondern in einem extrem verdichteten Problemfeld die Wirkungsweise von urbanen Interventionen zu untersuchen.

Publikation

RLF (Geschäftsbericht)

Rückblick auf das erste – und einzige – Geschäftsjahr des Revolutionsunternehmens »RLF«.

»RLF. Geschäftsbericht« blickt zurück auf das erste Geschäftsjahr des Revolutionsunternehmens und dokumentiert alle Aktivitäten vom Businessplanwettbewerb bis zur Gamification der Revolution. Ästhetisch folgt das Buch der Corporate Identity von RLF: Die Welt unterscheidet zwischen gut und böse, deshalb ist alles Schwarz-Weiß oder eben Gold. Ein Handbuch für die Sabotage des Systems aus dem System heraus.

Publikation

Die gute Gestalt

Eine Kolumne über Design, Kunst und Architektur für das Magazin Monopol.

Der Begriff »Die gute Gestalt« stand Ende des 19. Jahrhunderts die Psychologie auf der Suche nach Gesetzen der Wahrnehmung. Zur selben Zeit forderte die anbrechende Moderne fundamental neues Alltagsdesign als Ausdruck des Fortschritts. In der Kolumne »Die gute Gestalt« stellte Friedrich von Borries Projekte und Strategien aus Architektur und Design vorstellen, die unsere Wirklichkeit positiv verändern.

Intervention

RLF-Businessplanwettbewerb

Teilnahme am Businessplan-Wettbewerb als Intervention in die Geschäftswelt.

2014 beteiligt sich RLF am Buisinessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (BPW), um die Ideen von RLF auch in der Welt der Wirtschaftsförderung zu verbreiten. Die Nummer des eingereichten Geschäftskonzepts lautet T411470 RLF.

Film

RLF (Mocumentary)

Die TV-Mocumentary »RLF: Kunstprotest aus Berlin«, eine Kooperation mit UFA und Arte

Die TV-Mocumentary »RLF: Kunstprotest aus Berlin« begleitet »RLF« seit den 1. Mai-Demonstrationen 2013 in Berlin. Anders als Occupy und andere kapitalismuskritische Organisationen positioniert sich »RLF« nicht außerhalb des kritisierten Systems, sondern nutzt bewusst dessen Mechanismen, um, so die Gründer, »den Kapitalismus mit eigenen Waffen zu schlagen«.
In Kooperation mit Arte und UFA Lab.

Angeblich gibt es kein richtiges Leben im Falschen. Das spüren auch westliche Protestbewegungen wie Attac, Femen oder Occupy, wenn ihr Widerstand von kapitalistischen Unternehmen aufgesogen und in der Werbung vermarktet wird. Nicht nur Jeans lassen sich mit Models in Protestästhetik gut verkaufen. Da kommt jeder gegen den Kapitalismus geworfene Stein als Bumerang zu den Demonstranten zurück.
Die Kunst-Protestbewegung »RLF« aus Berlin will nun den Kapitalismus mit eigenen Waffen schlagen. Ein Designprofessor, ein Künstler und eine Politaktivistin gehen dafür auf die Straße und kooperieren gleichzeitig mit großen Mode-Labels.
»RLF« sucht das "Richtige Leben im Falschen", dreht den Spieß um und verkauft den Protest an den Kapitalismus. Wer mit viel Geld Kunst- und Designobjekte erwirbt, investiert in die Revolutionsbewegung.

ARTE begleitet in dieser Dokumentation die Aktivitäten dieses Kunstprotestes bei ihrer Zusammenarbeit mit großen Labels, bei Demonstrationen, Ausstellungsprojekten und den sich zwangsläufig ergebenden Konflikten. Am Ende steht die junge Bewegung vor einer Zerreißprobe: Kann man den Kapitalismus mit eigenen Waffen schlagen? Ist ein »Richtiges Leben im Falschen« wirklich möglich?

Stadt

Strahlen und Speichen

Die Stadt Frankfurt und den GrünGürtel durch grüne Strahlen und Speichen besser verknüpfen.

Die Stadt Frankfurt wollte den GrünGürtel durch grüne Strahlen und Speichen besser miteinander verknüpfen. Denn in der europäischen Stadt bedeutet Urbanisierung heute, die Stadtentwicklung vom Grünraum her zu denken. Stadtentwicklung in Zeiten von Klima- und demographischem Wandel erfordert deshalb Fußläufigkeit, Reduktion von Autoverkehr und Entwicklung von klimatisch und psychologisch »kühlenden« Grünräumen.

Im Auftrag des Frankfurter Umweltamts wurde eine Speichenplanung erstellt, die anlässlich des 20. Jubiläums des GrünGürtels am 16.11.2011 im Römer der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, um die weitere Entwicklung des GrünGürtel und dessen Anbindung nach außen an die Region und nach innen an die Stadt zu verdeutlichen.

Vor dem Hintergrund von Klimawandel und neuen Lebensstilen definiert sich Qualität von Stadt mehr und mehr über die Freiraumqualität. Nicht die gebauten Volumina, sondern das Grün bestimmt die Lebensqualität in der Stadt. Der GrünGürtel kann Ausgangspunkt für eine Stadtentwicklung Frankfurts sein, die auf Klimawandel reagiert und bestehende und zukünftige Freiräume dabei als wichtigste Ressource begreift. Symbolisch für die Vernetzung von GrünGürtel und Stadt und Region stand anfangs ein abstraktes und nicht raumbezogenes Piktogramm. In der Tradition städtebaulicher Figurationen und in Anlehnung an historische Frankfurter Konzepte wurde so eine diagrammatische Figur entworfen – die Figur der Speichen und Strahlen. Strahlen nach Außen, Speichen nach Innen.

Ziel war es, die „avantgardistischsten“ und visionärsten Pläne und Planungen der Ämter in einer gesamtstädtischen Planvision zusammenzuführen. Dies solle die Motivationen der einzelnen Ämter bündeln, da vereinzelte Planungsvohaben geringere Realisierungschancen haben als Projekte, die sich zu einem „starken Bild“ vereinen.

Stadt

Kantenatlas GrünGürtel

Analyse der Ränder des Frankfurter GrünGürtels nach ökologischen, sozialen und ästhetischen Kriterien.

Im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main erstellte das Projektbüro Friedrich von Borries ein »Gutachten über die Kanten und Übergänge« zwischen GrünGürtel und Kernstadt. Dieses Gutachten diente der Vertiefung der Leitbildebene »Akzentuieren« aus dem neuen GrünGürtel Leitbild 2030. Die Kante beschreibt die Linie zwischen GrünGürtel und der Siedlungsfläche, an der sich die Nutzung und Struktur ändert.

Sowohl die städtische als auch die landschaftliche Seite der Kante weist sehr unterschiedliche Ausprägungen auf. Die Vertiefung erfolgte deshalb in zwei Schritten – einer Analyse und einem Ausblick auf vertiefende Planungen. Für die Bestandsaufnahme und Katalogisierung erfolgte eine Einteilung der Kante in 500 m lange Abschnitte, insgesamt 128 Einzelabschnitte. Ziel der Analyse war die zeichnerische und fotografische Erfassung der Innenkante des Grüngürtels und die Einordnung und Bewertung der unterschiedlichen Kanten und Übergänge aus:

  • Sozialer Kontext
  • Städtebaulich/ästhetischer Kontext
  • Klimatologischer Kontext
  • Biodiversitärer/ökologische Kontext

Die Bewertung nach sozialen und ästhetischen Gesichtspunkten erfolgte durch das Projektbüro Friedrich von Borries. Die Bewertung nach klimatologischen Eigenschaften der Kante führte die Universität Kassel (Fachgebiet Umweltmeteorologie) und die ökologische Bewertung das Forschungsinstitut Senckenberg (Abteilung Botanik und Molekulare Evolutionsforschung) durch.

Die Kantenanalyse hat für die einzelnen Kantenabschnitte unterschiedliche Defizite aufgespürt. Besonders defizitär ausgeprägte Bereiche wurden identifiziert und als „problematische“ Übergangszonen bezeichnet. Zukünftige Handlungsmöglichkeiten sollten vor allem für diese Bereiche aufgezeigt werden. Dazu wurden mögliche Interventionsformen entwickelt, die eine Qualifizierung der Kante für zukünftige, vertiefende städtebauliche Planungen ermöglichen sollen. Die möglichen Interventionsformen folgen dabei unterschiedlichen Ansätzen und zeigen sowohl städtebauliche und infrastrukturelle als auch interventionistische, künstlerische oder experimentelle Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Kante.

Publikation

5 Bulletpoints zur Kritik am totalen Kapitalismus

Show You Are not Afraid. Das Manifest zum Projekt RLF

Das RLF-Manifest »SHOW YOU ARE NOT AFRAID. 5 Bulletpoints zur Kritik am totale Kapitalismus« legt die Grundgedanken des Gesamtprojektes dar. Dazu zählt der Kampf gegen sich selbst, die Art, wie man das System für die eigenen Interessen nutzt, die Freiräume, die zwischen Realität und Fiktion entstehen, das Prinzip der Intervention und natürlich Adornos Diktum, das es kein richtiges Leben im Falschen gibt.

1. KÄMPFE GEGEN DICH SELBST.

Der heutige Kapitalismus ist total. Er ist umfassend und allgegenwärtig. Er hat Besitz von unserem Denken und Fühlen ergriffen. Wir haben die Logik des Systems internalisiert. Die Art, wie wir unser Leben gestalten, wie wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen führen und unsere eigene Zukunft erträumen, ist geprägt von der Logik der Akkumulation, der Profitmaximierung und des Wachstums. Wie leiden am Stockholm-Syndrom, haben gelernt zu lieben, was uns zerstört. Wir sind nicht nur Teil des globalen kapitalistischen Systems, sondern der Kapitalismus ist Teil von uns. Ihn zu bekämpfen heißt auch, ein Teil von uns selbst zu bekämpfen: einen Teil unserer Identität, unseres Denkens, unserer Begierden. Kampf gegen den Kapitalismus ist Kampf gegen sich selbst. Kämpfe gegen dich selbst.

2. NUTZE DAS SYSTEM.

Der gegenwärtige Kapitalismus kennt kein Außen. Er erkennt keine Alternative an. Kritik am gegenwärtigen Kapitalismus kann nicht vom gesicherten Standpunkt eines vermeintlichen Außen aus operieren. Sie operiert von einem Standpunkt innerhalb des Systems. Die Kritik ist nicht unabhängig, sondern teilnehmend. Alle bisherige Kritik am Kapitalismus wurde von selbigem vereinnahmt und als Innovationsmotor missbraucht. Wenn Kritik nicht der Weiterentwicklung und Verfeinerung des Kapitalismus dienen will, muss sie sich die Mittel, Instrumente, Methoden des zu kritisierenden Gegenstandes aneignen. Die Kritik muss aus dem System selbst heraus erfolgen. Nutze das System. Stülpe die eigenen Internalisierungen nach außen. Infiltriere die Medien, instrumentalisiere ihre Multiplikatoren-Macht. Missbrauche die Logik von Marketing und die Ästhetik der Oberflächen, um neue, gegenläufige Begierden zu schaffen. Affirmation als kritische Strategie. Gründe kapitalistische Unternehmen, Aktiengesellschaften, um Kritik zu vermarkten. Agiere als Doppelagent. Verkaufe die falschen Ideale. Mache Gewinn. Spekuliere und erhöhe so den Gewinn. Offenbare die Perversionen des Kapitalismus, in dem du sie selber generierst. Züchte die Gier, an der das Monster erstickt.

3. SCHAFFE FREIRÄUME ZWISCHEN REALITÄT UND FIKTION.

Der westliche Kapitalismus brüstet sich gerne mit der Freiheit, die er angeblich gewährt. Die Kunst als Raum des anderen Denkens ist dabei Aushängeschild. Hier darf alles gedacht, behauptet, getan werden. Ihr wird die Aufgabe zugewiesen, Lebenswelt zu ästhetisieren und gleichzeitig Gesellschaft zu kritisieren. Kunst ist der Raum der Realität werdenden Fiktion, in der alle Möglichkeiten gedacht und zumindest symbolisch erprobt werden dürfen. Gleichzeitig ist kein anderer sozialer Raum derart ökonomisiert und den unerbittlichen Gesetzen des Markts unterworfen wie der der Kunst. Dieses Spannungsfeld eröffnet Freiräume. Nutze Kunst als Tarnkappe. Nutze Kunst als Legitimation. Arbeite mit Paradoxien. Denke schwarz-weiß. Biete Mehrdeutigkeit an, um die algorithmischer Erfassung zu entziehen. Elaboriere die Irritation. Verweigere dich der Zweckrationalität der Moderne. Handele Widersprüchlich. Erfinde Geschichten und Identitäten. Lasse die Fiktion Wirklichkeit werden und Fiktionalisiere die Realität. Denn in der Kunst darf man leben, was sonst verboten ist. Nutze die Freiräume, die zwischen Realität und Fiktion entstehen.

4. INTERVENIERE IN DEINE WIRKLICHKEIT.

Die Omnipotenz der Globalität, ihrer Korporationen und ihre ökonomische Macht lassen den Einzelnen und sein Handeln als ohnmächtig erscheinen. Gleichzeitig führt der geforderte Individualismus zu einer weiteren Vereinzelung, die uns selbst als noch ohnmächtiger erleben lässt. Nur Superman kann etwas ändern, nicht aber ich. Dieses Gefühl der Ohnmacht ist Teil des Herrschaftsmechanismus der Gegenwart. Widersetze dich den Hilflosigkeitssuggestionen. Verändere deine Wirklichkeit. Warte nicht auf den großen Moment, die große Lösung, die letzte Wahrheit. Wechsele in den Modus der permanenten Intervention. Interveniere in dein Umfeld. Du wirst Mitkämpfer_innen finden. Denn keiner ist in einem System glücklich, dass sich selbst kannibalisiert. Protest und Widerstand kann nur global werden, wenn er gleichzeitig an jedem Ort der Welt lokal existiert. Hacke die Quellcodes in deinem Aktionsfeld. Werde ein Schmuggler, der die Ideen des Anderen, den Geist des Widerstandes, in Orte bringt, an denen niemand sie erwartet. Werde ein radikaler Opportunist, ein Doppelagent. Organisiere eine unsichtbare Zelle, die im richtigen Moment erwacht.

5. ES GIBT KEIN RICHTIGES LEBEN IM FALSCHEN.

Kampf gegen den Kapitalismus ist Kampf gegen sich selbst. Kampf gegen sich selbst ist aber auch Grundforderung des Kapitalismus. Denn um die Wachstumsspirale aufrecht zu erhalten, indoktriniert uns das System mit Unzufriedenheit. Ich bin nicht gut genug. Ich kann es besser. Just Do it. Ich muss mich optimieren. Nicht nur Konkurrenz gegen alle anderen, sondern auch Konkurrenz zu mir selbst. Werde, wer du sein sollst. Identität als Markenbotschaft, Individualität als Wettbewerbsvorteil. Gegen sich selbst zu kämpfen, ist nicht nur Voraussetzung für die Überwindung des Kapitalismus in uns, sondern auch Mantra des Kapitalismus selbst. Das richtige Leben des Kapitalismus ist die Summe der uneinlösbaren Versprechen der Werbung. Der Traum vom richtigen Leben pflanzt in uns ein Bild der Unzulänglichkeit ein. Denn der Traum vom richtigen Leben ist Teil des Unterdrückungsapparates. Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Verweigere dich der Optimierung, aber gib nicht auf bei Niederlagen. Kämpfe gegen das Falsche.

2013

Raum und Objekt

RLF (Produkte)

Mit Konsum von Luxusprodukten die Revolution finanzieren: Das ist das Geschäftsmodell von RLF.

Mit Konsum von Luxusprodukten die Revolution finanzieren: Das ist das Geschäftsmodell von RLF. Als Kernprodukt bietet RLF die Teilhabe an einer Bewegung an, die man durch den Erwerb und die Nutzung seiner Produkte zum Ausdruck bringen kann: Zehn Designobjekte dienen als Ausrüstung für den Widerstand, liefern Abzeichen zur Identifikation und Distinktion einer Gemeinschaft, die in Möglichkeitsräumen denkt und soziale Wirklichkeit hinterfragt.

Das Design der RLF-PRodukte entstand nach den Entwürfen des Künstlers Mikael Mikael. Dieser schreibt den Luxusobjekten die explizite Botschaft »Show you are not afraid« ein. Mitunter durch Vergoldung des Materials wird ebendiese versiegelt; durch tatsächlichen Gebrauch wiederum tritt sie sichtbar zutage.
Die RLF-Produktpalette besteht aus Möbeln und Accessoires für den Wohn- und Essbereich (Sofa, Couchtisch, Teppich, Regal, Tapete sowie ein Esstisch mit Stühlen und ein Teeservice) und einer Mode-Kollektion (Turnschuhe und ein Overall). Neben Eigenproduktionen entstanden Produkte in Kooperation mit Markenherstellern wie Adidas, Artek, KPM Berlin, Nils Holger Moormann und der Tapetenfabrik Gebr. Rasch sowie namhaften Designern, darunter Konstantin Grcic, Axel Kufus oder Kostas Murkudis.

Intervention

RLF (Shop)

Pop-Up-Store bei Andreas Murkudis in Berlin

Mit dem Verkaufsstart am 18. Oktober 2013 eröffnete auch die Präsentation der RLF-Produkte in einem »Shop-im-Shop« im Berliner Konzeptstore von Andreas Murkudis. Zur Eröffnung spielte Kai Schumacher The people united will never be defeated von Frederic Rzewski, bis Aktivist:innen rund um Slavia die Veranstaltung stürmten, um ihrem Protest gegen die – vermeintliche – Kommerzialisierung von RLF Ausdruck zu verleihen.

Publikation

RLF (Roman)

RLF ist mehr als Lifestyle. RLF ist mehr als Kunst.
RLF kämpft für das richtige Leben im falschen.

RLF ist mehr als Lifestyle. RLF ist mehr als Kunst. RLF ist Widerstand.
RLF kämpft für das richtige Leben im falschen. Werde Teil von RLF.
Werde Shareholder der Revolution! Werde Teil von RLF.
Werde Shareholder der Revolution!

Am Anfang stehen die Riots in London: Die Verlierer der Konsumgesellschaft strömen auf die Straßen, zeigen der Welt, dass es sie gibt; Autos und Geschäfte brennen. Und die Welt des jungen Werbers Jan gerät ins Wanken. Er hat mit Kampagnen für die Fashion-Industrie eine Menge Geld verdient, doch als er in die Unruhen gerät, wird ihm klar: Der Kapitalismus muss gestürzt werden und zwar mit seinen eigenen Mitteln. In der Aktivistin Slavia und dem Künstler Mikael Mikael findet Jan die richtigen Mitstreiter. Gemeinsam gründen sie RLF, ein Lifestyle-Unternehmen, das den Wunsch nach Protest und Widerstand in Konsumprodukte verwandelt; mit dem Ziel, das System selbst in einem revolutionären Akt zum Einsturz zu bringen. Doch die Revolution hat ihren Preis, und den wird am Ende jemand bezahlen müssen – und sei es mit dem Leben.

»RLF ist mehr als ein Buch. RLF ist Konzeptkunst, und vielleicht sogar mehr als das.«

Tobias Becker, Der Spiegel

»Das zentrale Spannungsmoment des Buches besteht darin, dass man nie weiß, ob der Roman für die Revolution wirbt oder die Revolution für den Roman; ob Kunst als Politik getarnt wird oder Politik als Kunst ... Dass sich tatsächlich genügend Interessenten für Borries' Sinnstiftungskrempel finden, macht den Roman zu einem Meisterwerk absurder Literatur ...«

Harald Staun, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Es wird klar: RLF ist ein Kapitel der Weltverbesserungsmaschine, zu lesen unter dem Gold der Oberflächen, gegen die Angst. Eine berückende Idee, an der man sich, für ein Weilchen, die Finger vergoldet, wenn man sich mit ihr befasst.«

Elisabeth von Thadden, Die Zeit

»Fiktion und Realität reichen sich die Hand, politisches Pamphlet, praktische Lebensanleitung und Roman fließen ineinander. Der spannende Plot ist mit lexikalischen Erklärungen und transkribierten Interviews durchsetzt, eine zeitgemäße Collageform, die zur alltäglich gewordenen Praxis von schnell abgerufenen Wikipedia-Einträgen und Youtube-Filmen passt.«

Nicola Kuhn, Der Tagesspiegel

»RLF ist eine süffige Verschwörungs- und Was-wäre-wenn-Fantasie... Den Roman nur als Roman wahrzunehmen, hieße Friedrich von Borries unrecht zu tun. Der Mann ist selbst ein Schmuggler. Es geht ihm darum, kleine Widerhaken ins Bewusstsein seiner Leser zu schlagen. RLF ist ein ausuferndes, multimediales, multidimensionales Gesamtkunstwerk und der Roman nur einer seiner Bestandteile.«

Peter Praschl, Die Welt

»Erstaunlich ist dabei, dass RLF, trotz all der Komplikationen, die Borries betreibt, in keiner Weise konfus erscheint. Im Gegenteil: RLF, das Buch mit seinem Drumherum, ist perfekt durchdacht, oder besser gesagt: durchdesigned. Nirgends lose Enden, nirgends Zerfaserung, alles ist schön sauber verknüpft zu einem hochkomplexen artistischem Gebilde. Ästhetisch und intellektuell kann man an Borries gestalterischer Virtuosität, an seiner totalen Materialbeherrschung große Freude haben.«

Maximilian Probst, Zeit Online

Ausstellung

RLF (Ausstellung)

In eine leerstehende Kirche ist eine neue Religion eingezogen: Kunst und Kommerz.

St. Agnes, eine inzwischen leer stehende Kirche in Berlin-Kreuzberg. In die brutalistische Architektur ist eine neue Religion eingezogen: Kunst und Kommerz, denn die Räume werden inzwischen von Johann König als Galerie genutzt. Hier wurden die RLF-Produkte der Öffentlichkeit vom 23. August bis zum 26. August 2013 in einer Ausstellung präsentiert. Ein neuer Tempel wurde eingeweiht, dessen Altar aus Europaletten besteht.

An die Stelle des gekreuzigten sind Designobjekte getreten, die zwar nicht in den Himmel, aber wenigstens in das »Richtige Leben im Falschen« führen.

Ausstellung

Berliner Weltverbes­serungsmaschine

Eine kursorische Intervention in 16 Berliner Museen – und eine Installation am Hamburger Bahnhof.

Als kuratorische Intervention hat Friedrich von Borries in 16 Berliner Museen rund 70 Objekte in den ständigen Sammlungen als Bestandteile der Maschine mit Beschriftungstafeln markiert. Der Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart zeigt zudem ein zehn Meter hohes, pyramidenförmiges Modell der Weltverbesserungsmaschine im Innenhof. Es dient weniger als Nachbau, denn als Gedankenmodell.

Die BERLINER WELTVERBESSERUNGSMASCHINE möchte eine Diskussion über die Rolle von Kunst und Wissenschaft im Hinblick auf eine Verbesserung der Welt in der Gegenwart anregen. Der Architekt und Kurator Friedrich von Borries beschreibt sein Projekt folgendermaßen: "Die BERLINER WELTVERBESSERUNGSMASCHINE ist ein geheimes Forschungsprojekt, das seinen Ursprung im 17. Jahrhundert hat. Die Maschine besteht aus einer bestimmten Anordnung von Kunstwerken und Artefakten, die gemeinsam eine weltverbessernde Wirkung entfalten. Dabei spielte die Gründung der Akademie der Künste (1696), der Akademie der Wissenschaften (1700) und später der Königlichen Museen zu Berlin (ab 1830) eine wesentliche Rolle. Die Akademien widmeten sich der wissenschaftlichen und künstlerischen Forschung an der Maschine, die Museen sammelten die in Frage kommenden Bauteile. Als im ausgehenden 19. Jahrhundert die Arbeiten an der WELTVERBESSERUNGSMASCHINE abgebrochen wurden, geriet das Geheimprojekt in Vergessenheit."

Als kuratorische Intervention hat Friedrich von Borries in 16 Berliner Museen rund 70 Objekte in den ständigen Sammlungen als Bestandteile der Maschine mit Beschriftungstafeln markiert. Eine Schatzkarte führt das Publikum beispielsweise in die ALTE NATIONALGALERIE oder das MUSEUM FÜR NATURKUNDE. Der HAMBURGER BAHNHOF - MUSEUM FÜR GEGENWART - BERLIN zeigt zudem ein zehn Meter hohes, pyramidenförmiges Modell der WELTVERBESSERUNGSMASCHINE im Innenhof. Dieses dient weniger als Nachbau, denn als Gedankenmodell.

DIE BERLINER WELTVERBESSERUNGSMASCHINE ist ein Kooperationsprojekt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft, der Staatlichen Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz, des Museums für Naturkunde Berlin, des Deutschen Historischen Museums, der Jungen Akademie und der HFBK Hamburg, gefördert von der Schering Stiftung.

Publikation

Berliner Weltverbes­serungsmaschine (Band 1)

Die Geschichte eines aufklärerischen Projektes – und eine Geschichte des fortwährenden Scheiterns.

Die erste Dokumentation des Forschungsvorhabens »Die Berliner Weltverbesserungsmaschine« stellt die Geschichte dieses Projektes dar – Eine Geschichte des fortwährenden Scheiterns

Seit dem 17. Jahrhundert gibt es in verschiedenen europäischen Metropolen den geheimen Plan, eine Weltverbesserungsmaschine zu errichten. Diese basiert auf der Annahme, dass die richtige Anordnung von Kunstwerken und Artefakten in einer architektonischen Superform eine mächtige Kraft freisetzen würde. Diese Idee beflügelte absolutistische Machtphantasien genauso wie aufklärerische Weltverbesserungsansprüche. Der Bau der Maschine, so die damalige Haltung, sei die gemeinsame Aufgabe der Wissenschaften und der Künste. Auch der preußische Staat wollte im europäischen Wettbewerb nicht zurückstehen und gründete deshalb die Akademie der Künste (1696), die Akademie der Wissenschaften (1700) und später die Königlichen Museen zu Berlin (1830). Die Akademien widmeten sich der wissenschaftlichen und künstlerischen Forschung, die Museen sammelten die als notwendig erachteten Bauteile. Ende des 19. Jahrhunderts scheiterte dieses Langzeitvorhaben jedoch endgültig, das Geheimprojekt geriet in Vergessenheit.

Publikation

Berliner Weltverbes­serungsmaschine (Band 2)

Die Rekonstruktion einer abstrakten Imagination. Eine Versuchsanordnung wird wieder zum Leben erweckt.

Der zweite Band des Forschungsvorhabens »Die Berliner Weltverbesserungsmaschine« dokumentiert einen kritischen Rekonstruktionsversuch dokumentiert, der im Sommer 2013 vorgenommen und im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart und 15 weiteren Berliner Museen gezeigt wird. In der Rekonstruktion einer abstrakten Imagination wird eine historische Versuchsanordnung wieder zum Leben erweckt.

Seit dem 17. Jahrhundert gibt es in verschiedenen europäischen Metropolen den geheimen Plan, eine Weltverbesserungsmaschine zu errichten. Diese basiert auf der Annahme, dass die richtige Anordnung von Kunstwerken und Artefakten in einer architektonischen Superform eine mächtige Kraft freisetzen würde. Diese Idee beflügelte absolutistische Machtphantasien genauso wie aufklärerische Weltverbesserungsansprüche. Der Bau der Maschine, so die damalige Haltung, sei die gemeinsame Aufgabe der Wissenschaften und der Künste. Auch der preußische Staat wollte im europäischen Wettbewerb nicht zurückstehen und gründete deshalb die Akademie der Künste (1696), die Akademie der Wissenschaften (1700) und später die Königlichen Museen zu Berlin (1830). Die Akademien widmeten sich der wissenschaftlichen und künstlerischen Forschung, die Museen sammelten die als notwendig erachteten Bauteile. Ende des 19. Jahrhunderts scheiterte dieses Langzeitvorhaben jedoch endgültig, das Geheimprojekt geriet in Vergessenheit.

Man muss diese Bücher lesen, nicht nur um den interventionistischen Charakter des Borries-Projekts zu verstehen, sondern weil seine Weltverbesserung alles mit allem zusammenbringt.

Dirk Pilz, Frankfurter Rundschau

Edutainment

Start-a-Revolution (RLF-Game)

Der Kapitalismus lebt vom Wettbewerb, deshalb gibt es auch bei RLF ein Spiel, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt. Start a Revolution.

Der Kapitalismus lebt vom Wettbewerb, deshalb gibt es auch bei RLF ein Spiel, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt. Es heißt: Start a Revolution. Als Preis erhalten die Gewinner:innen den originalen RLF-Turnschuh, das einzige RLF-Produkt, dass man nicht kaufen, sondern nur erkämpfen kann. Im RLF-Game geht es darum, vom gesellschaftskritischen Couch-Potato zum revolutionären Aktivisten zu werden.

Publikation

Weil Design die Welt verändert

Design ist ein fester Bestandteil der modernen Welt - und viel mehr als nur funktionale Bedarfsdeckung.

Design ist ein fester Bestandteil der modernen Welt. Lebens- und Kommunikationsmittel, Räume, Möbel, Kleider... Obwohl so ziemlich alles, was uns im Alltagsleben begegnet, gestaltet ist, sind theoretische Auseinandersetzungen mit dem Thema Gestaltung im deutschsprachigen Raum rar. Dabei gewinnt die Thematik nicht nur an Präsenz, sondern auch an Bedeutung, Verantwortung und Komplexität. Während Design einst vor allem funktionieren musste, soll es heute zusätzlich noch inspirieren, definieren, vermitteln, differenzieren und verbessern.

»Weil Design die Welt verändert ...« trägt mit einer anregenden Sammlung von interdisziplinären Projekt- und Textbeiträgen dazu bei, den gestaltungsspezifischen Diskurs im deutschen Sprachraum zugänglich und verständlich zu machen.

Die von den Herausgebern Friedrich von Borries und Jesko Fezer ausgewählten Beiträge stammen von Designern wie Enzo Mari, Roberto Feo und Peter Raacke, zeitgenössischen Künstlern wie Anselm Reyle und Ion Sørvin. Ergänzend werden die historischen Positionen eines Joseph Beuys, Max Bill und Dieter Rams im Kontext der aktuellen Debatten neu reflektiert.

Ausstellung

Realität und Fiktion

Realität besteht nur in unserer Vorstellung. Wir stellen sie selber her.

Realität besteht nur in unserer Vorstellung. Wir stellen sie selber her. In diesem Sinne ist jede Realitätskonstruktion erst mal eine Fiktion. Mit Arbeiten von: Jakob Boeskov, Jeremy Deller, Thomas Demand, Beate Gütschow, Dirk Dietrich Hennig, Christoph Keller, Iñigo Manglano-Ovalle, Mikael Mikael, Ora-Ïto, Walid Raad, Julian Rosefeldt, Nat Tate, The Yes Men.

Die Schwierigkeit ist nur, dass die Handlungen, die wir in der von uns hergestellten Realität vollziehen, auch unmittelbare Auswirkungen in der Realität anderer haben. Dabei kann es zu Widersprüchlichkeiten, unerfreulichen Überraschungen und Konflikten kommen. In der Ausstellung »Realität und Fiktion« in der Villa Schöningen, Potsdam, werden Werke von 13 Künstlern gezeigt, die das Spannungsfeld von Realität und Fiktion, Bericht und Erfindung, Verschweigen und Offenlegen bearbeiten.
Begleitend zur Ausstellung erschien eine Beilage in der Monopol.

»Der Kurator Friedrich von Borries hat Arbeiten von 13 Künstlern zusammengestellt ... Die Ausstellung in der Villa Schöningen besticht mit vielen beeindruckenden Objekten...«

Tobias Becker, Spiegel Online

»Mit dem Thema "Realität und Fiktion" beschäftigt sich die neue Ausstellung in der Villa Schöningen. "In Zeiten, wo eine gefälschte Twitter-Nachricht über einen Anschlag auf Obama die Weltpolitik verändern kann, durchaus ein aktuelles Thema", sagt Kurator Friedrich von Borries. "Das bedrückt uns doch alle, weil sich vieles verschiebt." (...)Von Borries geht weiter. Irritation gehört zu seinem Prinzip. Die weißen Wände des privaten Kunsthauses sind mit schwarzweißen "Terror"-Tapeten überzogen, deren Linienwirbel lässt unsere Augen psychedelisch trudeln.«

Gabriela Walde, Morgenpost

»So falsch, so wahr: Die Kunst des Schwindels in der Potsdamer Villa Schöningen. Die Schau versammelt insgesamt 13 Arbeiten, eine Geschichte folgt auf die nächste, spannend und konkret.«

Xymna Engel, Monopol

Ausstellung

Rauchwolken und Luftschlösser

Ausstellungsbeteiligung von Mikael Mikael in der GAK Bremen.

Vulkanausbruch, Großbrände und Atomkatastrophe sind die Produzenten großer auch medial dahin treibender Wolkengebilde aus Rauchpartikeln. Diese geradezu physischen Gebilde werden gelesen als Zeichen einer sich ankündigenden Klimakatastrophe, als Konsequenzen schwerwiegender Unfälle sowie auch als bewusste menschliche Stiftungen.

So changieren die kleinen wie großen Rauchwolken zwischen Naturschauspiel oder -katastrophe und Zivilisationsindex mit menschlichem Ursprung und Auslöser. Auf alle Fälle bleiben sie immer wieder trotz aller Fortschritte der Wetter- und Klima-Prognostik in ihrer Entwicklung und Bewegung unvorhersehbar.
Luftschlösser können hingegen als Produkte des Wunsches und der Einbildungskraft gelten. Gerne als Hirngespinste betitelt, treten sie als Gebilde eines Träumenden oder "Luftspringers" auf. Sie markieren eine Grenze zwischen Wachen und Schlafen, zwischen Virtuellem und Greifbarem. Sie sind Effekte des Imaginären. Sie sind gleichsam schwebende Bauten mit luftigen Mauern, die sich jeglicher Bodenhaftung verweigern und gerne in Wolken gebettet erscheinen. Beide Ballungsformen werden hier in der Ausstellung zum Anlass für markante Positionen eines Prozesses, in dem sich Überkreuzungen und Überlagerungen des "Aktualen" und des "Imaginären" herausbilden.

2012

Intervention

Angriff auf die Demokratie

Zehn Intellektuelle präsentieren Statements zur Gefährdung der Demokratie. Ein Film von Romuald Karmaka

Bei dieser Intervention präsentierten zehn deutsche Intellektuelle Statements zur Gefährdung der Demokratie durch die sogenannte Eurorettung. Ein Montage-Film von Romuald Karmaka mit: Franziska Augstein, Friedrich von Borries, Carolin Emcke, Julia Encke, Romuald Karmakar, Nils Minkmar, Ingo Schulze, Joseph Vogl, Harald Welzer, Roger Willemsen

Am 18. Dezember 2011 fand im Haus der Kulturen der Welt in Berlin eine Veranstaltung mit dem Titel Angriff auf die Demokratie. Eine Intervention statt. Bei dieser Intervention präsentierten zehn deutsche Intellektuelle Statements zur Gefährdung der Demokratie durch die sogenannte Eurorettung. Politisch betrachtet besteht die »Eurokrise« weniger in der Verschuldung als in der Gefährdung der Demokratien, die die vorgebliche Rettung des Euro mit sich bringt: Die Politik spricht inzwischen von »marktkonformer Demokratie«, es haben sich Institutionen wie eine omnöse »Troika« etabliert, die demokratisch nicht legitimiert sind. Unter Vorgabe ihrer »Sparpläne« werden Selbstbestimmungsrechte beschnitten, was Rettung genannt wird, findet jeweils unter dem behaupteten Zeitdruck »der Märkte« statt. Die unter diesem Druck gefällten Entscheidungen gelten sodann als »alternativlos«. Demokratie ist eine Ordnung, die auf der Abwägung von Alternativen beruht. Sie ist jederzeit gefährdet, besonders dann, wenn wie in der Eurokrise scheinbare Sachzwänge suggerieren, man habe »keine Zeit«, umständliche und langwierige parlamentarische Verfahren zu absolvieren.

Veranstaltung

Wirksamkeit von Interventionen

Wie greifen konkrete Praxen in den (Zwischen-)bereichen von Kunst, Gestaltung, Architektur, kuratorischer Praxis und politischem Aktivismus in gesellschaftliche Kontexte ein? Was sind die jeweiligen Intentionen und Ansprüche? Wie lässt sich Wirksamkeit bemessen?
Ein Symposium an der HFBK im Rahmen des Forschungsprojektes Urbane Interventionen.

Das Symposium »Wirksamkeit von Interventionen« verhandelt die Frage nach der Wirksamkeit am Beispiel von Interventionen im internationalen und hamburgspezifischen Kontext. Wie greifen konkrete Praxen in den (Zwischen-)bereichen von Kunst, Gestaltung, Architektur, kuratorischer Praxis und politischem Aktivismus in gesellschaftliche Kontexte ein? Was sind die jeweiligen Intentionen und Ansprüche? Wie lässt sich Wirksamkeit bemessen? Welches Verständnis von Wirksamkeit legen die Akteur_innen ihren Eingriffen zugrunde? Könnte man die Wirksamkeit – im Sinne François Julliens – auch anders denken; nicht als Modell, sondern als Entfaltung eines Situationspotentials?

Programm

Donnerstag, 1. November
 2012
»Interventionen im internationalen Kontext«

FRIEDRICH VON BORRIES, HFBK Hamburg (15.00 Uhr)
CANVAS, Aktivistengruppe, Belgrad (15.30 Uhr)
JOANNA WARSZA, Kuratorin/Künstlerin, Warschau/Berlin (16.30 Uhr)
VOINA, Künstlergruppe, Rußland (17.30 Uhr)
FRANÇOIS JULLIEN, Philosoph/Sinologe, Paris (19.00 Uhr)

Freitag, 2. November

»Interventionen in Hamburg«

Stadtplanerische und architektonische Interventionen
Diskussionsrunde mit BERND KNIESS, Architekt/Stadtplaner, HCU Hamburg und HARALD LEMKE, Philosoph/Aktivist, Hamburg sowie CHRISTOPH TWICKEL, Journalist/Aktivist, Hamburg (11.00 Uhr)

Aktivistische und künstlerische Interventionen
WE ARE VISUAL, Kollektiv, Hamburg (14.00 Uhr)
SCHORSCH KAMERUN, Theatermacher/Musiker/Clubbetreiber, Hamburg (15.00 Uhr)
BORAN BURCHARDT, Künstler, Hamburg (15.45 Uhr)

Kunst im öffentlichen Raum
ANNE-KATHRIN REINBERG, Kulturbehörde Hamburg (17.00 Uhr)
FRANZ ERHARD WALTHER, Künstler, Fulda (17.45 Uhr)

Stadt

Die parasitäre Nebelmaschine

Ein Seilbahndrama über die Zukunft von Hamburg

Die parasitäre Nebelmaschine thematisiert das angespannte Verhältnis zwischen Kunst und Stadtentwicklung in Hamburg. Aus Versatzstücken und Zitaten diverser Veröffentlichungen im Umfeld der Internationalen Bauausstellung Hamburg ist ein Drama entstanden, das die Erwartungen der Beteiligten und die Missverständnisse zwischen den Protagonisten ins Rampenlicht rückt und dem Zuschauer seine Positionierung in diesem Diskurs offen lässt.

Namensähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt, Ähnlichkeiten mit realen Handlungen sind nicht zufällig.

Veranstaltung

Methoden der Intervention

Was sind die Spannungsfelder, in denen sich der Begriff »Intervention« bewegt und wo liegen seine Grenzen? Die Veranstaltung untersucht Formen und Methoden urbaner Interventionen, die auf konkrete gesellschaftliche und räumliche Konflikte reagieren und dazu in den Stadtraum eingreifen.
Ein Symposium an der HFBK im Rahmen des Forschungsprojektes Urbane Interventionen.

Das Symposium untersucht Formen und Methoden urbaner Interventionen, die auf konkrete gesellschaftliche und räumliche Konflikte reagieren und dazu in den Stadtraum eingreifen. Was sind die Spannungsfelder, in denen sich der Begriff
bewegt und wo liegen seine Grenzen? Wie greifen bildende Kunst, Design, Architektur, kuratorische Praxis und politischer Aktivismus in gesellschaftliche Kontexte ein? Auf welcher Ebene können sie wirksam werden? Welche Ambivalenzen entstehen bei diesen Eingriffen? Die Reflexion beginnt bei der Begrifflichkeit, fragt nach der Wirksamkeit aus verschiedenen Perspektiven und reicht bis zu den Problemen, die bei der Instrumentalisierung durch Politik und Wirtschaft entstehen.

Programm

Donnerstag, 03. Mai 2012, Hochschule für bildende Künste Hamburg

Begrüßung und Vorstellung »Glossar der Interventionen« (11.00 Uhr)
FRIEDRICH VON BORRIES, HFBK Hamburg

Theoretische Perspektiven
MILOŠ VEC, Jurist, Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte, Frankfurt ; z. Zt. Wisschenschaftskolleg zu Berlin (11.30 Uhr)
GERALD RAUNIG, Philosoph, Zürcher Hochschule der Künste (12.15 Uhr)

Mittagspause (13.00 Uhr)
INGA LEMKE, Kulturwissenschaftlerin, Universität Paderborn (14.00 Uhr)
BRIGITTE FRANZEN, Direktorin, Forum für internationale Kunst, Aachen (14.45 Uhr)

Künstlerische Positionen
STEFAN RETTICH, Architekt, Hochschule Bremen, (16.00 Uhr)
MICHAEL SAILSTORFER, Künstler, Berlin (16.45 Uhr)
GEORG WINTER, Künstler, HBK Saar (18.00 Uhr)
JOSEPH GRIMA, Chefredakteur Domus, Mailand (18.45 Uhr)

Publikation

Glossar der Interventionen

Annäherungen an einen überverwendeten, aber unterbestimmten Begriff

Als Zwischenergebnis des Forschungsprojektes Urbane Interventionen erschien im Mai 2012 der Glossar der Interventionen im Berliner Merve Verlag. Er ist eine Suchbewegung im Feld der Pflegecremes und Erziehungsratgeber, der Wirtschaftslexika und Kunstkataloge, der Philosophietraktate und militärischen Lageberichte, der Protesthandbücher und UN-Resolutionen.

»Protestbuch für die Reisetasche: Die einen lesen dicke Romane, andere die Zeitung. Im Urlaub ist alles anders, und selbst der geneigte Politaktivist findet seine Entspannungslektüre. Wir empfehlen ein kleines Protestbuch für die Reisetasche.«

Literaturzeit, Radio Bremen

Stadt

Strategie Stadtlandschaft Berlin

Leitbild für eine zukünftige Stadt, in der grüne Räume eine zentrale Rolle einnehmen.

Frei- und Grünräume machen fast 44 Prozent der Berliner Landesfläche aus. Die Grün- und Freiräume klima- und sozialgerecht weiterzuentwickeln, ist trotz finanzieller Engpässe ein Kernthema jeder zukunftsfähigen Stadtentwicklung, um so die Lebensqualität in der Stadt langfristig zu sichern. Die Strategie Stadtlandschaft ist ein Leitbild für eine zukünftige Stadt, in der grüne Räume eine zentrale Rolle einnehmen.

Denn Grünrau kann wichtige Beiträge zur Lösung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen liefern. Dafür muss Grünraum vielfältig sein. Deshalb integriert die Strategie Stadtlandschaft übergeordnete Entwicklungen, die unser Heute und Morgen bestimmen. Die drei Leitbildthemen sind »Schöne Stadt«, »Urbane Natur« und »Produktive Landschaft«.

2011

Publikation

KlimaKunstForschung

Im Klimawandel bekommen hybride Projekte zwischen Kunst und Wissenschaft eine neue Relevanz.

Der Klimawandel bringt die Wissenschaft an ihre Grenzen. Hybride Projekte zwischen Kunst und Wissenschaft bekommen eine neue Relevanz.

KlimaKunstForschung stellt 16 Künstler vor, die in ihren Arbeiten zum »Klima« wissenschaftliche Methoden anwenden oder dekonstruieren, mit Wissenschaftlern kooperieren oder einen eigenen Erkenntnisanspruch formulieren. Verändern diese Ansätze die Methodik von Kunst und Wissenschaft? Und können sie zur Bewältigung des Klimaproblems beitragen? Wissenschaftler aus Klimaforschung, Soziologie und Kunstgeschichte diskutieren diese Fragen in fünf abschließenden Interviews.

Stadt

Leitbild GrünGürtel

Der Grünraum ist die Zukunft der Stadt. Neues Leitbild für den Frankfurter GrünGürtels.

Im Auftrag der Stadt Frankfurt entwickelte das Projektbüro Friedrich von Borries ein neues Leitbild für den Frankfurter GrünGürtel. Es führt Bewährtes weiter und versucht, mit neuen Projekten und Maßnahmen den Erfolg des Projektes in die Zukunft fortzusetzen. Der GrünGürtel soll auch weiterhin Maßstäbe für grüne Lebensqualität in der Großstadt setzt. Denn der Grünraum ist die Zukunft der Stadt.

Der 1991 initiierte GrünGürtel ist ein erfolgreiches Projekt. Viele bei der Gründung des GrünGürtels definierte Ziele – von der Raumfigur bis hin zum Schutz der regionaltypischen Landschaftsformen – wurden erreicht. Mehrere Projekte und Programme wurden ausgezeichnet und gelten als „Best Practice“. Der Fortbestand des GrünGürtels ist nicht nur durch seine Verfassung, sondern auch durch die feste Verankerung im städtischen Bewusstsein gesichert. Der GrünGürtel stellt sich deshalb den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte auf drei Leitbildebenen:

Anbinden

Den GrünGürtel urbanisieren bedeutet, die Frankfurter Stadtentwicklung vom Grün aus zu denken. Vor dem Hintergrund von Klimawandel und neuen Lebensstilen definiert sich Qualität von Stadt mehr und mehr über die Freiraumqualität. Der GrünGürtel kann Ausgangspunkt für eine Stadtentwicklung Frankfurts sein, die auf Klimawandel reagiert und bestehende und zukünftige Freiräume dabei als wichtigste Ressource begreift. Dazu soll der GrünGürtel stärker mit dem urbanen Teil von Frankfurt verknüpft werden, damit er stärker als Teil Frankfurts wahrgenommen und genutzt werden kann.

Akzentuieren

Der GrünGürtel ist ein Natur-, Landschafts- und Erholungsraum in der Stadt. Er ist nicht von einer ästhetischen Sprache geprägt, sondern spiegelt in seiner heterogenen Erscheinung die Vielfältigkeit von Stadt wider. In der gezielten Akzentuierung einzelner Teilräume, die die zerschneidenden Infrastrukturen nicht als Schwächung, sondern als rhythmische Strukturierung begreifen, können ästhetische Schwerpunkte gesetzt werden. Diese Schwerpunkte vermeiden Nutzungskonflikte und stärken gleichzeitig den GrünGürtel als ästhetischen und sinnlichen Erlebnisund Erfahrungsraum.

Aktivieren

Ziel der Leitlinie „Aktivieren“ ist, den GrünGürtel als soziale Ausgleichsfläche für neue Formen der Nutzung, Aneignung und sozialer Produktion zu öffnen. In einer sich verdichtenden Metropolregion spielt Umweltgerechtigkeit eine besondere Rolle. Der GrünGürtel übernimmt so neben seiner ökologisch-klimatologischen und ästhetisch-sinnlichen Funktion auch eine wichtige soziale Aufgabe, um auf Herausforderungen wie demographischer Wandel, Migration und soziale Ungleichheit zu reagieren.

Publikation

1WTC

Ein Roman über Architektur, Überwachung und Kunst – im Spiegelkabinett von Fiktion und Realität.

Vier junge Menschen kämpfen in New York gegen die Allgegenwart der Überwachung, gegen den Anfang vom Ende unserer Freiheit. Immer tiefer verirren sie sich in einem Spiegelkabinett aus Virtualität, Fiktion und Realität. Am Ende stehen drei Tote – und eine Entscheidung.
Ein Roman über Architektur, Überwachung und Kunst.

New York. Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hat die Stadt zur Normalität zurückgefunden, ein neues World Trade Center entsteht – das 1WTC. Tom, ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Militärgeheimdiensts, entwirft das Fundament des Gebäudes. Seine Freundin Jennifer, eine Galeristin, lernt in der Bibliothek den deutschen Künstler Mikael Mikael kennen, der sie für sein Filmprojekt engagiert: Zusammen mit der geheimnisvollen Hackerin Asanta dokumentieren sie die allgegenwärtige Überwachung in der Stadt. Als Tom einen mysteriösen Auftrag von seinen ehemaligen Vorgesetzten erhält, beginnt die Grenze zwischen Simulation und Wirklichkeit zu verschwimmen.

»Borries hat eine neue Form des Romans geschaffen, die nicht Hochkultur sein will, … aber als frappierend zeitgenössische Literatur überzeugt, inhaltlich und formal.«

Swantje Karich, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Das Buch verweigert sich bewusst einer bestimmten Genrezuordnung, ist mal Drehbuch, mal Lexikon, mal Roman, mal Bericht. Am Ende hat es viel geleistet: Es lässt den Leser mit Fragen zurück. Wie politisch kann Architektur sein? Und verliert man seine Freiheit nicht vielleicht gerade dadurch, dass man sie zu intensiv verteidigen möchte?«

Anne-Dore Krohn, kulturradio.de

»In Borries' Architekturroman, ... dem der Preis für den besten Plot gebührt, wird im Fundament des neuen World Trade Centers eine aberwitzige Anlage geplant.«

Niklas Maak, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ausstellung

Berliner Atlas paradoxaler Mobilität

Ausstellungsbeitrag zum Festival Überlebenskunst im Haus der Kulturen der Welt Berlin.

Krise als Chance! Der menschengemachte Klimawandel schafft neue Perspektiven auf unsere lokalen Lebensweisen und unser Verständnis von globaler Politik. Kann eine neue Kunst zu leben auch unser Überleben sichern? Was ist das »gute Leben« unter den Bedingungen der globalen ökologischen Krise? Und wie kommen wir zu einem kulturellen Wandel der Gewohnheiten und Verhaltensweisen?

Im Rahmen des ÜBER LEBENSKUNST, einem Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt, stellte »Arbeitsgruppe URBAN MOBILITY« die Ergebnisse der Berliner Atlas paradoxaler Mobilität aus.

Publikation

Berliner Atlas paradoxaler Mobilität

Phänomene der heutigen Mobilität - von Fahrradkurieren, Drogendealern und Abschiebehäftlingen.

Der Berliner Atlas paradoxer Mobilität beschreibt Phänomene der heutigen Mobilität - und offenbart am Beispiel von Berlin deren innere Widersprüchlichkeit. Mobilität wird dabei weit gefasst. Es geht um die Bewegungsmuster von Fahrradkurieren genauso wie von Drogendealern, Touristen und Abschiebehäftlingen.

Kartiert werden brennende Autos, überfahrene Füchse und nicht fertig-gestellte Autobahnbrücken, aber auch die Flugrouten über Berlin, die Standorte von Wagenburgen und die Verteilung von in Berlin zugelassenen Porsches.
Neben diesen Karten geben Interviews mit Strassenmusikanten, Trampern, Obdachlosen, Lastwagenfahrern, Puffbetreibern und mobilen Würstchenbratern einen vertieften Einblick in die Mobilitätskulturen der Gegenwart.

Publikation

White Out

Die Grenzen lösen sich auf, verschwimmen in unendlichen Weiß. Eine Untersuchung über Heimatlosigkeit von Mikael Mikael.

Die Grenzen lösen sich auf, verschwimmen in unendlichen Weiß. Als global Heimatloser beschäftigt sich Mikael Mikael mit idealtypischen Unterkünften und Verstecken.

Weißes Rauschen. White Noise. Unkorrelierte Zufallsvariablen. Hintergrundgeräusche. Weiß ist die Farbe der Unschuld. Weiße Weste. Weißraum. Leerer Raum ohne Buchstaben. Der weiße Fleck, das unerforschte Gelände, noch unentdeckter, leerer Raum. Oder militärisches Sperrgebiet, das auf der Landkarte nicht dargestellt werden darf. Der White Cube. White Out. Die Grenzen lösen sich auf, verschwimmen in unendlichen Weiß.
Als global Heimatloser beschäftigt sich Mikael Mikael in der Reihe »Retreat/Rückzugsorte« mit idealtypischen Unterkünften und Verstecken, temporären Orten des Unterschlüpfens, Verschwindens und Wiederauftauchens. Diese Reihe veröffentlichte er im Merve Verlag zusammen mit einem Auszug aus seinem Bildarchiv über Schutzanzüge.

2010

Veranstaltung

Ästhetik und Strategie für die Stadtlandschaft

Neue Wege für die Stadtlandschaft. Ein diskursive Annäherung an die Potentiale des Frankfurter GrünGürtels.

Neue Wege für die Stadtlandschaft. Neue Wege für die Stadtlandschaft. Ein diskursive Annäherung an die Potentiale des Frankfurter GrünGürtels.

Schaut man zurück auf 20 Jahre GrünGürtel und 15 Jahre Regionalpark, zeigt sich deren Stärke in ihrer Vielfältigkeit. Denn gerade aus der Vielfalt der Nutzung, der unterschiedlichen Gestaltung und Programmierung ergibt sich eine Heterogenität der Räume, die eine ganz eigene urbane Qualität hervorbringt. Durch die Vielschichtigkeit werden unterschiedliche Menschen angesprochen und bietet verschiedensten Nutzer genau das, was sie in diesen Räumen suchen. Das selbstangebaute Gemüse, die unmittelbare Naturerfahrung oder einfach das Abschalten beim Sport. Doch gerade um diese Besonderheit der Heterogenität als eine Erfolgsgeschichte zu stärken, sollen mit dem neuen Leitbild Konzepte gefunden werden, wie sich diese Formen der aktiven Raumnutzung zu einem nachhaltigen Entwicklungskonzept verdichten lassen. Auch, um neuen Lebensstilen, demographischer Entwicklung und den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden.

Der Kongress stellt den Stand der Planungen im GrünGürtel und Regionalpark zur Debatte und begibt sich auf die Suche nach den wesentlichen Fragen künftiger Planungs- und Gestaltungsstrategien für Freiräume.

Warum neue Leitbilder?

Fragen an die Zukunft von GrünGürtel und Regionalpark
DR. MANUELA ROTTMANN Dezernentin für Umwelt und Gesundheit, Frankfurt am Main
CLAUDIA JÄGER Aufsichtsratsvorsitzende Regionalpark Dachgesellschaft

Stand der Planungen im GrünGürtel und im Regionalpark Rhein-Main
PROF. DR. FRIEDRICH VON BORRIES Architekt, Berlin/Hamburg
PROF. DR. JÖRG DETTMAR Landschaftsplaner, Darmstadt

Welche Bedeutung haben Freiflächen in der Verdichtungsregion Rhein-Main?
Kann die zukünftige Frankfurter Stadtentwicklung vom Grünraum aus gedacht werden?
DR. WALTER PRIGGE, Stadtsoziologe, Dessau

Urbanisieren – Grün Leben

Die Verfügbarkeit und Qualität von Grünraum wird in der Öffentlichkeit immer stärker als Indikator für Lebensqualität gesehen. Von Paris über Seoul bis New York investieren Städte in die Aufwertung ihrer Grünräume, stärken Themen wie regionale Nahrungsproduktion, Klimaanpassung, ökologische und biologische Vielfalt. Welche Profilierungsstrategien entwickeln andere Städte für ihre Grünräume?

KLAUS OVERMEYER Landschaftsarchitekt, Berlin
DR. ANDREAS KIPAR Landschaftsarchitekt, Mailand

Ästhetisieren – Infrastruktur integrieren

Grünraum ist immer auch ein Wahrnehmungs- und Erlebnisraum. Grünraum in einem urbanen Verdichtungsraum wie Rhein-Main ist aber nicht nur ein Naturraum, sondern von verschiedenen Nutzungen geprägt: Infrastrukturen, Gewerbe, Sport etc. Wie lässt sich diese vielschichtige und heterogene Atmosphäre ästhetisch fassen und als bewusstes sinnliches Erlebnis in den Alltag rückführen?
PROF. SAM AUINGER Künstler und Klangforscher, Berlin
MARKUS AMBACH Künstler und Kurator, Düsseldorf

Sozial Programmieren – Landschaft machen

GrünGürtel und Regionalpark sind nicht nur beliebte Erholungs- und Freizeiträume, sondern auch Orte sozialen Lernens und sozialer Interaktion. Diese Interaktion ist oft von Konflikten geprägt, denn unterschiedliche Nutzungsformen führen zu Zielkonflikten. Für welche Nutzungen soll sich der Grünraum öffnen? Und welche Form von „Konfliktmanagement“ braucht der Grünraum der Zukunft? Wie kann er zu mehr Umweltgerechtigkeit beitragen?
MARCO CLAUSSEN Prinzessinnengärten, Berlin
TORE DOBBERSTEIN, Planungsbüro Complizen, Berlin

Reflekionen zur Zukunft von GrünGürtel und Regionalpark

PROF. DR. FRIEDRICH VON BORRIES Architekt, Berlin/Hamburg
PROF. DR. JÖRG DETTMAR Landschaftsplaner, Darmstadt

Ausstellung

Klimakapseln

Konzepte aus Kunst, Design und Architektur, die das Überleben in der Katastrophe entwerfen.

»Wie wollen wir in der Zukunft leben?« fragt die Ausstellung Klimakapseln im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.Die Ausstellung fasst erstmals historische und aktuelle klimabezogene Modelle, Konzepte, Strategien, Experimente und Utopien aus Design, Kunst, Architektur und Städtebau zusammen, die nicht das Ziel verfolgen, den Klimawandel aufzuhalten, sondern Visionen für ein Überleben in der Katastrophe entwerfen.

Der Wandel scheint unabwendbar, da die Politik zögert, verbindliche Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen, und die Bürger nur schwer zur Änderung ihres Verhaltens zu bewegen sind. So ist die Weltgemeinschaft aufgefordert, sich mit den Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel auseinanderzusetzen. Zu sehen sind über 25 mobile, temporäre und urbane Kapseln, mit denen menschliches Leben unabhängig von den klimatischen Bedingungen möglich werden soll – von schwimmenden Städten über Körperkapseln bis zu Konzepten der Meerwasserdüngung oder Schwefeleinstreuungen in die Stratosphäre. Ein Symposium, ein Filmprogramm, Lesungen, Performances und Workshops beschäftigen sich mit der Wechselwirkung zwischen Gestaltungsprozessen und politischen Einflussfaktoren wie Migration, Grenzpolitik und Ressourcenkonflikten und reflektieren die Folgen für soziale und kulturelle Abschottungen und Ausgrenzungen.

Im Zentrum der Ausstellung »Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe« stehen anwendungsbezogene Projekte für klimatologische Kapseln aus Design, Kunst, Architektur, Stadtplanung und Geo-Engineering. Die gesellschaftlichen (politisch, kulturell, sozialräumlich) Konsequenzen dieser aktuellen Anpassungsstrategien werden mittels zeitgenössischer künstlerischer Positionen und avantgardistischer Konzepte des 20. Jahrhunderts reflektiert. So kommt den historischen Projekten im Kontext des Klimawandels eine neue Bedeutung zu. Die aktuellen künstlerischen Projekte brechen die positivistische Perspektive und bieten dem Ausstellungsbesucher eine weitere sinnliche Erfahrungsebene an. Die Exponate lassen sich in fünf Aspekte gliedern: Körperkapseln, Wohnkapseln, urbane Kapseln, Naturkapseln und atmosphärische Kapseln.

»So manche positivistische Position wird durch eine kritische gebrochen. Dies hat Kurator Friedrich von Borries präzise inszeniert – wie das Gezeigte letztlich einzuordnen ist, muss der Besucher allerdings selbst entscheiden.«

Christian Holl, Bauwelt

»Die Ausstellung ist nicht weniger aufregend als das Buch. An vielen Stellen ähnlich komisch. Und überall fast genauso bedrückend. Wenn das die Zukunft ist, dann wird es eng. Und es riecht verdammt nach Kunststoff.«

Peter Richter, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Publikation

Klimakapseln (Essayband)

Wie werden wir uns anpassen, wenn der Klimawandel Realität geworden ist?

Noch ignorieren wir die Folgen der globalen Erwärmung in der Hoffnung, Politikern oder Ingenieuren werde schon etwas einfallen, wenn der Problemdruck erst einmal groß genug ist. Friedrich von Borries stellt eine vielleicht realistischere Frage: Wie werden wir uns anpassen, wenn der Klimawandel Realität geworden ist?

Er entwirft eine Welt, in der die Reichen in abgeriegelten Kapselstädten leben, während die Armen in der Wüste Solarparks bewachen oder auf rettende schwimmende Inseln warten. In neun fiktionalen Porträts stellt er die Protagonisten dieser Kapselwelt vor: den Architekten, den Flüchtling, den Sonnenlenker … Einen Teil dieser Zukunft kennen wir bereits aus Kunst, Design und aus dem Kino. Das Glossar im zweiten Teil des Buches gibt einen Überblick über Projekte, in deren Rahmen sich Künstler, Regisseure und Architekten mit dem Thema Klima befaßt haben.

»So manche positivistische Position wird durch eine kritische gebrochen. Dies hat Kurator Friedrich von Borries präzise inszeniert – wie das Gezeigte letztlich einzuordnen ist, muss der Besucher allerdings selbst entscheiden.«

Christian Holl, Bauwelt

Raum und Objekt

Edition Suhrkamp-Laden

Ein temporärer Buchladen – nur für die Edition Suhrkamp.

Edutainment

Stadtspiel

Ein Aktionsspiel für 7 bis 12 Jährige: Ziel ist, mit der eigenen Stadt den Klimakampf zu »überleben«.

Ein Aktionsspiel für 7 bis 12 Jährige: Ziel ist, die gegnerische Stadt zu zerstören und mit der eigenen Stadt so lange wie möglich den Klimakampf zu »überleben«. Auf spielerisch leichte Weise erfahren die Kinder über kurze Ereignisse, welche Konsequenzen ihr Handeln für die Zukunft haben kann. Nachhaltige und Ressourcen schonende Elemente der Stadt schützen die eigene Stadt und sichern ihr überleben.

Zwei Teams bauen sich aus 12 bunt bedruckten Schaumstoffwürfeln eine Stadt. Unterschiedliche Symbole auf den Würfeln geben die Stadteigenschaften aus Verkehr, Wohnen, Energie, Grün und Einkaufen an. Vom Atomkraftwerk bis zur Solaranlage, vom Dachgarten bis zur Pizzafabrik haben alle Eigenschaften eine Bedeutung. Ein Glücksrad entscheidet nun über die Zukunft der gebauten Städte. „Das Öl wird knapp!“ – Wer eine Fahrradstraße gebaut hat, hat Glück! Und darf dem Gegner Würfel wegnehmen. Wer sich aber für den Mondexpress entschieden hat muss selbst Würfel zurücklegen. Der Verlust der Stadtwürfel schränkt nun den Handlungsspielraum der Städte für die „Zukunft“ ein.

Das Stadt-Spiel ist ein Beitrag zur Ausstellung Here comes the sun, die anlässlich des Wissenschaftsjahrs 2010 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Kooperation mit der HU Berlin und dem neuen Universum e.v. initiiert wurde.

2009

Recherche

Bestandsaufnahme GrünGürtel

7 Tage und Nächte zelten im Frankfurter GrünGürtel, um die räumlichen Qualitäten hautnah untersuchen zu können.

7 Tage und Nächte schlug das Projektbüro seine Zelte im Frankfurter GrünGürtel auf, um die schönen und hässlichen Seiten hautnah untersuchen zu können. Das Resultat: 105km Fußweg, 220km Fahrradstrecke, ca. 4500 Fotos, 4 Stunden Videomaterial, 50 Artefakte (darunter Schallplatten, Spritzen, Kondome, Sonnenbrillen, Regenschirme etc.). Zusätzlich wurden mit ca. 60 Nutzern Interviews geführt.

Anlässlich des 20 Jährigen Bestehens des Frankfurter GrünGürtels, eines gut 8.000ha großen Grünraums rund um den Stadtkern, wurde das Projektbüro Friedrich von Borries 2009 vom Umweltamt der Stadt Frankfurt mit einer Bestandsanalyse des Raumes beauftragt. Zusammen mit dem Fotografen Olaf Unverzart und den Landschaftssoziologen Niko.31 wurde der Raum untersucht und analysiert. Neben den investigativen Maßnahmen vor Ort wurde die Bestandsaufnahme von einer Reihe Fach-Workshops zu speziellen Fragestellungen (Mobilitätskonzepte, Orientierungssysteme, Schwellen, Biodiversität, Klimakonzepte, etc.) abgehalten und diskutiert.
Begleitet wurde der Prozess von einem wissenschaftlichen Beirat.
Das Ergebnis ist ein 400 Seiten starkes Kompendium des GrünGürtels. Mehr als 40 Karten, Fotos, Kurztexte und atmosphärische Capriccios fassen das Ergebnis der Analyse zusammen.

Ausstellung

Fernsehtürme

Ein Souvenirladen im Architekturmuseum, oder: Wie niedlich kann politische Architektursymbolik sein?

Ein Souvenirladen im Architekturmuseum, oder: Wie niedlich kann politische Architektursymbolik sein? Ob in Moskau, Belgrad, Berlin oder Kairo – kaum eine Stadt oder eine Nation, die sich als fortschrittlich darstellen wollte, konnte auf den demonstrativen Bau eines Fernsehturms verzichten. Sie sind fast immer Symbole für gesellschaftlichen Wandel bzw. politische oder wirtschaftliche Macht.

Kein anderer Gebäudetyp war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts politisch so aufgeladen wie der Typus der Fernsehtürme. Die weltweite Verbreitung der Türme, die 1956 mit der Einweihung des Stuttgarter Fernsehturms ihren Anfang nahm, zeichnet die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts nach: Auf die Systemkonkurrenz zwischen Ost und West folgte das Ringen der Global Cities um touristische und ökonomische Anziehungskraft. Die ersten Fernsehtürme entstanden vor allem in Europa, Neubauten entstehen derzeitig fast ausschließlich in den aufstrebenden Staaten Asiens und im Nahen Osten.

Die Ausstellung zeigt 25 realisierte oder geplante Fernsehtürme in Ashgabat, Auckland, Barcelona, Baghdad, Belgrad, Berlin, Brasilia, Guangzhou, Jakarta, Jekaterinburg, Johannesburg, Kairo, Las Vegas, Liberec, Moskau, Prag, Riga, Shanghai, Stuttgart, Taschkent, Teheran, Tokio (2x), Toronto und Vilnius. Noch nie zuvor waren so viele Fernsehtürme in einer Ausstellung versammelt.

Anders als in vielen Architekturausstellungen werden die Besucher im DAM keine Architekturmodelle, Renderings oder Konstruktionszeichnungen finden, sondern eine Objektsammlung der Alltagskultur: Briefmarken und Postkarten, Cocktailmixer und Käsespieße, Nachttischlampen und Schnapsflaschen, Stifte, Schneekugeln, Puzzle und Kerzen. Das DAM wird zum Souvenirladen, der die Vielfalt der individuellen Aneignung der (Staats-) Architekturen dokumentiert.

Beteiligte

Kuratoren: Friedrich von Borries, Matthias Böttger, Florian Heilmeyer (raumtaktik)
Grafikdesign: Lazlo Toffel, Berlin
Team: Wiesje Bijl, Anne Horny, Benjamin Kasten, Ragna Körby, Anne Levy, Keke Ye, Philipp Kress, Nicolas Rauch

Publikation

Fernsehtürme (Katalog)

Symbole für gesellschaftlichen Wandel, für politische und wirtschaftliche Macht.

Ob in Moskau, Belgrad, Berlin oder Kairo – kaum eine Stadt oder eine Nation, die sich als fortschrittlich darstellen wollte, konnte im 20. Jahrhundert auf den demonstrativen Bau eines Fernsehturms verzichten. Die Fernsehtürme, die seit 1950 die der Städte überragen, sind fast immer Symbole für gesellschaftlichen Wandel, für politische und wirtschaftliche Macht.

Kein anderer Gebäudetyp war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts politisch so aufgeladen wie der Typus der Fernsehtürme. Die weltweite Verbreitung der Türme zeichnet die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts nach: Auf die Systemkonkurrenz zwischen Ost und West folgte das Ringen der Global Cities um touristische und ökonomische Anziehungskraft. Die ersten Fernsehtürme entstanden vor allem in Europa, Neubauten entstehen derzeitig fast ausschließlich in den aufstrebenden Staaten Asiens und im Nahen Osten.

Die meisten Fernsehtürme sind durch die politischen Zeitumstände ihrer Errichtung geprägt. Sie sind zugleich ingenieurtechnisches Wagnis und Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts. Die meisten von ihnen haben deshalb einen festen Platz in der Populärkultur ihrer jeweiligen Städte und Länder; werden geliebt oder gehasst, in Form von Souvenirs an Touristen verkauft und auf Postkarten gedruckt. Mehr als bei allen anderen Arten von Gebäuden geht es bei den TV-Türmen buchstäblich um die Signalwirkung der Architektur.

Das Buch zeigt 25 realisierte oder geplante Fernsehtürme in Ashgabat, Auckland, Barcelona, Baghdad, Belgrad, Berlin, Brasilia, Guangzhou, Jakarta, Jekaterinburg, Johannesburg, Kairo, Las Vegas, Liberec, Moskau, Prag, Riga, Shanghai, Stuttgart, Taschkent, Teheran, Tokio (2x), Toronto und Vilnius.

Ausstellung

Heimatcontainer

Eine architekturgeschichtliche Spurensuche in Deutschland und Israel: Was ist Heimat?

Berlin, Ende der zwanziger Jahre. Die Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG entwickelt ein Fertighaus aus Kupfer, dem wetterbeständigen Material aus der eigenen Fabrik. Hunderte Häuser sollen entstehen, sie tragen Namen wie »Kupfercastell« und »Frühlingstraum«. Walter Gropius wird mit der Verfeinerung der Entwürfe beauftragt, doch dann kommt die Weltwirtschaftskrise.

Nach der Machtübernahme Hitlers inseriert die Firma in der Jüdischen Rundschau: »Nehmen Sie ein Kupferhaus mit nach Palästina. Sie wohnen bei größter Hitze in kühlen Räumen.« Die Fertighäuser heißen nun »Jerusalem«, »Tel Aviv« und »Libanon«.
Heimatcontainer ist eine architekturgeschichtliche Spurensuche in Deutschland und Israel: was ist Heimat und was könnte sie sein? Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer haben sich dazu in Deutschland und Israel auf die Spuren der Erbauer und Bewohner der Kupferhäuser gemacht und mit ihnen darüber gesprochen, was Heimat ist und sein könnte.

Publikation

Heimatcontainer

Deutsche Fertighäuser in Israel. Eine Architektur-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte.

Berlin, Ende der zwanziger Jahre. Die Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG entwickelt ein Fertighaus aus Kupfer, dem wetterbeständigen Material aus der eigenen Fabrik. Hunderte Häuser sollen entstehen, sie tragen Namen wie »Kupfercastell« und »Frühlingstraum«. Walter Gropius wird mit der Verfeinerung der Entwürfe beauftragt, doch dann kommt die Weltwirtschaftskrise. Nach der Machtübernahme Hitlers inseriert die Firma in der Jüdischen Rundschau: »Nehmen Sie ein Kupferhaus mit nach Palästina. Sie wohnen bei größter Hitze in kühlen Räumen.« Die Fertighäuser heißen nun »Jerusalem«, »Tel Aviv« und »Libanon«.

Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer haben sich in Deutschland und Israel auf die Spuren der Erbauer und Bewohner der Kupferhäuser gemacht und mit ihnen darüber gesprochen, was Heimat ist und sein könnte.

»Die Sehnsucht der Moderne findet in der Architektur ihr Bild in den Fertighäusern: Fortschrittlich, schnell im Aufbau, mobil – die perfekte Bleibe. Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer fügen mit ihrem gut recherchierten Buch der Kulturgeschichte der Fertighäuser nun ein neues Kapitel hinzu, das auch von Technikbegeisterung erzählt, aber noch mehr von der deutschen Geschichte.«

Laura Weißmüller, Süddeutsche Zeitung

Um eine Episode in der Geschichte des Fertighausbaus in Deutschland haben der Architekt Friedrich von Borries und der Historiker Jens-Uwe Fischer ein Buch komponiert.«

Joseph Croitoru, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Publikation

Freiheit der Krokodile

Eine Fabel für Kinder und alle, die es mal waren - und die vielleicht auch Angst vor Krokodilen hatten.

Ein kleiner Junge ist auf der Suche nach Freiheit, nach sich selbst. Und davor hat er Angst. Vor allem die Krokodile unter dem Bett sind gefährlich, die er deshalb alle töten oder zumindest einsperren will. Aber kann er selbst frei werden? In einer kurzen Fabel führt Friedrich von Borries ein 30 Jahre zurückliegendes Gute-Nacht-Gespräch mit seinem inzwischen verstorbenen Vater fort - und spricht damit seine eigenen Kinder an.

Illustriert wird dieses Zwiegespräch über die Krokodile, die Angst und die Freiheit von der deutsch-iranischen Künstlerin Laleh Torabi. Text und Bild orientieren sich vordergründig an einem Kinderbuch; in den Gewaltfantasien und den akribisch dazu angelegten Zeichnungen scheinen jedoch die verdrängten Seiten dieses Genres wieder auf. Eine Parabel zur gemeinsamen Lektüre für gleichermaßen Kinder und Erwachsene.

Die Freiheit der Krokodile
Friedrich von Borries (Autor), Laleh Torabi (Illustratorin)
Merve Verlag, Berlin 2009

Raum und Objekt

Transmediale Camp

Ein symbolisches Emergency Camp für die Transmediale 2009 im Haus der Kulturen der Welt, Berlin.

Ein symbolisches Emergency Camp für die Transmediale 2009 im Haus der Kulturen der Welt, Berlin.

Thema der Transmediale 2009 war – unter dem Titel Deep North – der kulturelle Umgang mit dem Klimawandel. Unser Ausgangspunkt war dabei nicht, die im Titel angedeutete geographische Verortung ästhetisch zu repräsentieren, sondern stattdessen die dem Thema Klimawandel folgenden gesellschaftlichen Fragestellungen zu thematisieren.
Denn nicht nur die Polkappen schmelzen und der Meeresspiegel steigt. Auch die Wüste wächst. Naturkatastrophen, Klimakriege und Migrationsbewegungen verschärfen sich. Deshalb haben wir für die digitalen Nomaden der Gegenwart, die kulturellen Agenten der Globalisierung, die BesucherInnen und TeilnehmerInnen der transmediale.09 im Haus der Kulturen der Welt ein symbolisches Emergency Camp, das Camp DEEP NORTH errichtet.
Das Camp gliedert sich in 3 Elemente:

Ausstellungshalle

Eine spontane Zelt-Siedlung aus Fundstücken der den Klimawandel generierenden Konsum- und Industriegesellschaft - eine ressourcenschonende Collage aus Müll, Sonderangeboten, Fehl- und Überproduktionen. Gebrauchte Planen, Holz, Wellblech und Acrylstegplatten. Die gegebene Raumstruktur wird von den Künstlern besetzt und als räumliches Display genutzt.

Foyer

Die vorhandene Säulenstruktur des HKW wird mittels Planen und Spannseilen zu einer Zeltlandschaft. In einem additiven Prozess entstehen Räume mit unterschiedlicher Dichte und bewegliche Elemente, wie Eisschollen oder Eisbrecher.
Alle Funktionselemente, also Medientresen, Bibliothek und Sitzgelegenheiten sind wieder verwendete Elemente vergangener Ausstellungen.

Dachterrasse

Auf der Dachterrasse sind in Anlehnung an die Architektur formaler Flüchtlingslager weithin sichtbar Standartzelte als temporäre Unterkünfte eingerichtet. Die Dachterrasse wird so bei einer möglichen Überflutung das Haus der Kulturen der Welt zu einem Zufluchtsort, zur modernen Arche.

Ausstellung

Updating Germany (DAM)

Updating Germany zu Gast im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt

Updating Germany – Projekte für eine bessere Zukunft, der deutsche Beitrag zur 11. Internationalen Architekturausstellung La Biennale di Venezia 2008 im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main.

2008

Ausstellung

Updating Germany (Venedig)

Ist eine bessere Zukunft möglich? Deutscher Beitrag auf der XI. Architekturbiennale Venedig

»Updating Germany – Projekte für eine bessere Zukunft« zeigt 20 Projekte von Architekten, Designern, Ingenieuren und Künstlern – kleine und große Schritte in Richtung einer besseren Zukunft.
Mit Arbeiten von Christophe Barlieb, Karo Architekten, Francis Kéré, Arno Brandlhuber, Graft Architekten, Ton Matton, Ingo Niermann, Hollwich Kushner Architekten, Jörg Stollmann.

»Updating Germany – Projekte für eine bessere Zukunft« heißt der deutsche Beitrag zur 11. Internationalen Architekturausstellung der Biennale Venedig 2008. Die Generalkommissare Friedrich von Borries und Matthias Böttger zeigen 20 Projekte von Architekten, Designern, Ingenieuren und Künstlern – kleine und große Schritte in Richtung einer besseren Zukunft.

Publikation

Updating Germany (Katalog)

Für eine bessere Zukunft gibt es keine einfache Anleitung, keine eindeutige Lösung

Für eine bessere Zukunft gibt es keine einfache Anleitung, keine eindeutige Lösung. Updating Germany zeigt deshalb 100 Projekte aus Architektur, Kunst und Design, die Lust auf mehr machen: Architekturentwürfe, Forschungsprojekte und Gedankenmodelle, die derzeit in Deutschland entwickelt oder realisiert werden.

Die in "Updating Germany" zusammengestellten Konzepte eröffnen neue Perspektiven zwischen Hightech und Lowtech, zwischen postfossiler Landschaft und innovativer Gebäudetechnik, zwischen ökologischem Lifestyle und gesellschaftlicher Utopie. Eine Ideensammlung für alle, die sich für die Gestaltung von Architektur, Stadt und eine nachhaltige Zukunft verantwortlich fühlen.

Publikation

Bessere Zukunft

Die Herausgeber haben sich auf die Suche nach Strategien und Projekten für eine bessere Zukunft begeben.

Die Herausgeber haben sich auf die Suche nach Strategien und Projekten für eine bessere Zukunft begeben. Auf ihren Ab- und Umwegen erhalten sie Wegweisungen von Klimaforschern, Soziologen, Architekten, Ingenieuren, Künstlern und Politikern. Ausgerüstet mit deren technischen, philosophischen und kreativen Survival Kits, entdecken die Autoren die Räume von Morgen – Städte und Schlachtfelder, Lager und Märkte, die Natur und den Strand.

Dort finden sie Antworten auf ganz grundsätzliche Fragen: Wo werden wir wohnen? Worauf müssen wir verzichten? Um was werden wir kämpfen? Was werden wir essen? Welche Rohstoffe werden wir nutzen? Woher wird unsere Energie kommen? Woran können wir noch glauben? Wie werden wir leben?

Publikation

Sozialistische Cowboys

Ein Roadtrip durch den Wilden Westen Ostdeutschlands, zu Indianer-Clubs und Wild-West-Städten.

Ein Roadtrip durch den Wilden Westen Ostdeutschlands, zu Indianer-Clubs und Wild-West-Städten. Die historische Reportage begleitet die Protagonisten bis in eine Gegenwart, in der die amerikanische Geschichte eine andere Bedeutung bekommt: »reenactment«. In nachinszenierten Schlachten aus dem Bürgerkrieg übernehmen sie am liebsten die Rolle der Konföderierten und identifizieren sich mit dem Stolz der Verlierer.

Um einen Raum zu imaginieren, in den bis heute Sehnsucht nach Freiheit projiziert wird, mußte Karl May Radebeul nicht verlassen. Seine Erben konnten es nicht, also holten sie den Wilden Westen in die DDR. 1956 wurde der "Indianistikklub Old Manitou" gegründet, dem zahllose weitere folgten. Die Autoren erzählen unbekannte Alltagsgeschichte(n) aus dem »Reservat DDR«: über Defa-Western und Dean Reed, sozialistische Cowboys, die sich als »Landarbeiterproletariat« inszenieren mußten, den Häuptling von Hoyerswerda und die Stasiakte »Tomahawk«.

2007

Publikation

Space Time Play

A journey through the past, present and potential spaces of computer and video games.

Have you ever wondered what's behind a perfect Tetris-wall?
Have you ever freed a 3D world from terrorists?
Have you ever made polygon friends in networked fantasy realms?
And do you know what happens when these games never end?

Space Time Play ist a journey through the past, present and potential spaces of computer and video games. The richly illustrated texts in "Space Time Play" cover a wide range of gamespaces: from milestone video and computer games to virtual metropolises to digitally-overlaid physical spaces. As a comprehensive and interdisciplinary compendium, "Space Time Play" explores the architectural history of computer games and the future of ludic space. More than 140 experts from game studies and the game industry, from architecture and urban planning, have contributed essays, game reviews and interviews. The games examined range from commercial products to artistic projects and from scientific experiments to spatial design and planning tools.

Space Time Play is not just meant for architects, designers and gamers, but for all those who take an interest in the culture of digital games and the spaces within and modeled after them. Let's play!

2006

Edutainment

Schwarzer Peter der Globalisierung

Das Kartenspiel zur Wanderausstellung Fanshop der Globalisierung.

On the occasion of the football World Cup, the Fanshop of Globalisation exhibition used examples from the world of football to discuss the economic mechanisms, political backdrops and cultural contexts of global economic change. The exhibition topics were (A) Creation of Value, (B) Migration, (C) Cultural Identity, (D) Social Segregation and (E) Interdependence. From May to June 2006, the Fanshop went on tour through Germany, and was visited by several thousand people in Dortmund, Cologne, Frankfurt, Stuttgart, Munich, Leipzig, Hannover, Hamburg and Berlin.

Besides card game there was an accompanying exhibition catalogue released.

Ausstellung

Fanshop der Globalisierung

Mit Fußballtrikots die Globalisierung erklären: Eine Ausstellung anläßlich der Fußball-WM.

Anläßlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 konzipierte raumtaktik für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) eine Wanderausstellung, die von der Beschäftigung mit Fußball aus auf ökonomische, politische und kulturelle Entwicklungen der Globalisierung aufmerksam machte: Die fünf Kapitel der Ausstellung waren »Verflechtung«, »Wertschöpfung«, »Migration«, »Kulturelle Identität« und »Soziale Segregation«.

Während der WM wanderte die Ausstellung in einem umgebauten Frachtcontainer durch die deutschen WM-Standorte, 2008 war sie im österreichischen Museum für Arbeitswelten zu sehen. Zur Ausstellung sind ein Katalog und ein Kartenspiel erschienen.

Publikation

Fanshop der Globalisierung (Katalog)

Der Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung - mit Texten über Fußball und Globalisierung.

Der Ausstellungskatalog enthält Texte zu den Themen Globalisierung, Fußball und ästhetischer Vermittlung, alle Ausstellungstexte, Fotos der Trikots und Mappings, Fotos und Texte zum Container und seiner Tour durch die WM-Städte.

Die Ausstellung Fanshop der Globalisierung diskutierte anlässlich der Fußball-WM 2006 an Beispielen aus der Welt des Fußballs die ökonomischen Mechanismen, politischen Hintergründe und kulturellen Kontexte der weltweiten wirtschaftlichen Veränderungen. Themenfelder sind Verflechtung (A), Wertschöpfung (B), Migration (C), Kulturelle Identität (D) und Social Divide (E). Von Mai bis Juli 2006 war der Fanshop der Globalisierung auf Deutschlandtour und wurde in Dortmund, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Leipzig, Hannover, Hamburg und Berlin von mehreren Tausend Menschen besucht.
Neben dem Katalog erschien das Kartenspiel Schwarzer Peter der Globalisierung.

2005

Ausstellung

Wild Wild East

Der Cowboy in der DDR und in Ostdeutschland nach der Wende. Eine kuratorische Annäherung.

Wild Wild EAST setzte sich mit dem Cowboy in der DDR und in Ostdeutschland nach der Wende auseinander. Anhand einzelner biografischer Geschichten wurde der Wilde Westen im Spannungsfeld von politischer Symbolik, Hobby und Traum von Freiheit diskutiert. Die Ausstellung ist eine Collage aus künstlerischen Dokumentationen junger Fotograf:innen aus den USA und Ostdeutschland sowie historischen Originaldokumenten.

Zwischen Spiel, Kommerz und Lebensgefühl

Startpunkt der Ausstellung sind Spielzeugfiguren. Schließlich hat jedes Kind einmal Cowboy und Indianer gespielt - im Westen wie im Osten. Philipp von Recklinghausens Fotografien von Cowboyfiguren aus den 60er und 70er Jahren stehen Lars Nickels Bilder aus dem Erlebnispark Silverlake City gegenüber. Silverlake City, 70 km nord-östlich von Berlin gelegen und erst im Sommer 2004 eröffnet, ist der jüngste Höhepunkt des Countrybooms in Ostdeutschland. Auch wenn Silverlake City ein kommerzielles Projekt ist und damit der Gegenpol zum naiven Kinderspiel, scheint durch die Westernkulissen die Sehnsucht nach einem - fiktionalen Ort - der Freiheit durch. Seinen eindringlichsten Ausdruck findet der Traum von Wilden Westen in der Countrymusik. Auch in der DDR gab es eine (geheime) Countrymusik-Szene. Den Abschluss der thematischen Einführung bildet daher eine Auswahl aus der Schallplattensammlung von Mario Wildner - Countrymusik made in GDR.

Cowboy-Sein als Freiheitstraum

Diese Musikauswahl leitet über zu Arbeiten, die exemplarischen Einblick in die Lebenswege Ostdeutscher Cowboys geben. Z.B. in das Leben von Loman, der in den 80er Jahren die ersten Countryfestivals der DDR organisierte und dabei nicht selten in Konflikt mit der Staatssicherheit geriet. Seit der Wende moderiert er seine eigenen Country-Sendung im Radio beim MDR. Neben Zeitungsartikeln und Autogrammkarten von Loman zeigt Andreas Tauber Bilder der Werkstatt, in der Loman schon zu DDR-Zeiten Cowboyhüte, Westernsättel und andere Utensilien für Cowboys in Handarbeit hergestellte. Wiebke Loeper zeigt Bilder und Videos vom Artistenpaar Hans und Rosi Hammer, die seit den 70er Jahren Cowboynummern mit Lasso, Peitsche und Pistole für Zirkus und Variéte entwickelten. Heute tritt Hans als Sam Hawkins Junior in Altersheimen und Autohäusern auf. Sein persönlicher Wilder Westen ist der Kaukasus, wo er Anfang der 70er Jahre bei einem wilden Reiterstamm lebte. Dass es die DDR nicht mehr lange geben würde deutete sich in Plauen schon im Frühjahr 1989 an, als sich hier, ganz offiziell, der erste (und einzige) Square- und Linedance-Verein der DDR gründete. Nicht ohne Grund ist Plauen auch der Ort, wo das erste Ostdeutsche McDonalds eröffnete. Der Amerikaner Eric O’Connell hat White Magpie besucht und seine Mitglieder in Kostüm und Uniform portraitiert.

Der Wilde Westen als Parabel für Marktwirtschaft und Kapitalismus

Eine ganz andere Bedeutung hat der Wilde Westen für Bert Neumann, Bühnenbildner der Volksbühne in Berlin. Für ihn ist ganz Ostdeutschland ein Wilder Westen - Wilder Westen als Symbol der westlichen Marktwirtschaft. In Wild Wild EAST treffen seine Bühnenbilder, die ins Heute transformierte Westernkulissen darstellen, auf die Arbeiten von Heinz Röske, dem Filmarchitekten der legendären Defa-Indianerfilme mit Stars wie Goijko Mitic und Dean Read. Auch für Heinz Röske ist der Wilde Westen kein positives Ideal, sondern eine Parabel für den Kapitalismus. In einem Audiobeitrag reflektieren sie ihr Bild vom Wilden Westen, die Bedeutung von Cowboys und Indianern in der DDR und ihren Traum von Freiheit.

Berliner Insel

Die DDR kann man nicht ohne West-Berlin denken, also auch nicht ohne Old Texas Town. Seit über 30 Jahren entsteht inmitten einer Schrebergartensiedlung in wochenendlicher Kleinarbeit eine Westernstadt mit Kirche, Museum, Saloon und Friedhof. Sylvia Chybiak nähert sich Old Texas Town von außen, untersucht die Grenzen, die Videoüberwachung, die Warnschilder, während Lars Nickel die Vereinsmitglieder portraitiert hat. Den klanglichen Hintergrund dieser beiden Arbeiten bildet das berühmte Lied „Old Texas Town“ der Band Truck Stop mit dem einprägsamen Refrain „Old Texas Town, die Westernstadt, liegt mitten in Berlin“.

Der Cowboy als tragischer Held der Moderne

Den Abschluss der Ausstellung bildet eine Videoarbeit von Peter Buecheler. Er hat den berühmten West-Berliner Lassokünstler Mike Maverick in einen Überseecontainer gestellt. Das Sinnbild der männlichen Freiheit – der Cowboy – trifft auf das Sinnbild globalisierter, standardisierter Ökonomie – den Container. Der Cowboy mit seinem Lasso ist im viel zu kleinen Container zum Scheitern verurteilt, immer wieder kracht das Seil scheppernd gegen die Blechwand und fällt zu Boden. Der Cowboy als tragischer Held der Moderne, sehnsüchtig nach Freiheit, aber selbst schon zu einem globalisierten Stereotyp geworden.

Beteiligte

Kuratoren: Friedrich von Borries, Torsten Fremer
Kunstwerke: Peter Buecheler, Sylvia Chybiak, Wiebke Loeper, Lars Nickel, Eric O´Connell, Philipp von Recklinghausen und Andreas Tauber
Grafik: substratdesign, Brigitte Speich und Markus Wohlhüter

2004

Publikation

Wer hat Angst vor Niketown

Ein Buch über Nike’s urbane Marketingstrategien – und wie sie die Stadt verändern.

»Wer hat Angst vor Niketown?« zeigt auf, wie urbaner Raum durch Nike in eine neue Markenstadt verwandelt wird. In seinen überzeugenden Analysen weiß Friedrich von Borries dies überraschend konkret vor Augen zu führen. Ein Buch über Nike’s urbane Marketingstrategien und wie sie die Stadt verändern.

»Präzise und gegenwartszugewandt«

Norbert Bisky, Süddeutsche Zeitung

»Für Architekten interessant ist [...] die daraus abgeleitete Frage nach Rolle und Aufgabe des Planers angesichts des neuen ›Erlebnisfunktionalismus‹.«

Ulrich Brinkmann, Bauwelt

Publikation

Playtime

Playtime. Die Computerspielindustrie hat das Kino als einst populärste Unterhaltungsbranche überrundet. Welche räumlichen und ästhetischen Strategien verfolgen die gängigsten Spiele, und, wichtiger noch, wie und von wem werden diese umgesetzt? 15 Games, besehen auf ihre Relevanz für Architekt:innen.

Als Gastredakteur begleitete Friedrich von Borries eine Ausgabe der Fachzeitschrift Bauwelt zum Thema Computerspiele.

Raum und Objekt

AdKV-Messestand

Partizipatorischer Messestand für den Arbeitskreis Deutscher Kunstvereine auf dem Art Forum in Berlin.

Partizipatorischer Messestand für den Arbeitskreis Deutscher Kunstvereine auf dem Art Forum in Berlin. Als Interessenvertretung aller deutschen Kunstvereine nimmt der AdKV an allen wichtigen Kunstmessen teil. Die große Heterogenität dieser Vereine haben raumtaktik in ihrer partizipatorischen Gestaltung zu einem gemeinsamen Ganzen vereint.

Jeder Verein wurde um einen „privaten Gegenstand“ gebeten, dazu mußte ein Formblatt ausgefüllt werden, daß den Gegenstand erläutert. Eine Assoziation mit Fördergeldanträgen war dabei wohl Absicht – ebenso die Kombination eines augenzwinkernd künstlerischen Inhalts mit der extrem formalistischen Optik einer „Wandtapete“ aus Formularen. Die Messebesucher reagierten überrascht auf die absurde Sammlung aus Gegenständen und wurden so mit einfachen, klugen Mitteln zum Dialog mit den Standbetreuern ermuntert – ein zentrales Anliegen jedes Messeauftritts.

2002

Ausstellung

urban diary

Eine Art Tagebuch von Berlin, das sich aus anonymen SMS-Nachrichten zusammensetzt.

Anfang der Nuller Jahre, als es noch keine social media gab: 100 Tage lang konnte jede:r Handybenutzer:in Tagebucheinträge an das urban-diary senden. Alle eingehenden Nachrichten wurden am U-Bahnhof Alexanderplatz in Berlin auf zwei Projektionsflächen über den Gleisen projiziert.So entstand eine Art »Tagebuch« von Berlin, das sich aus den von unterschiedlichen Personen gesendeten Beiträgen zusammensetzte.

Über die Personen, die Tagebucheinträge einsandten, lässt sich nur wenig sagen, da die Teilnahme anonym war. Aus den Beiträgen lässt sich aber erkennen, dass eine große soziale Bandbreite vorausgesetzt werden kann: Es wechseln sich Tagebucheinträge aus dem Schülerkontext ab mit Beiträgen über Politik, Liebeserklärungen unterschiedlichster literarischer Qualität mit Zitaten von Hölderlin und Goethe. Auch lassen sich verschiedene Nutzer:innen erkennen, die regelmäßig Beiträge sendeten, die entweder per Tag gekennzeichnet waren oder in thematischem Zusammenhang zueinander stehen (der "Jesus-Freak", der beinahe täglich Bibelzitate schickte, oder ein:e Nutzer:in, der:die einen mehrteiligen SMS-Krimi verfasste).
Über den Zeitraum der Installation sind ca. 10 000 Tagebuchbeiträge beim "urban_diary" eingegangen.

Ein Projekt in Kooperation mit der NGbK.

2001-12-03 01:08:43

Die persönliche Geschichte ist
das grösste Hindernis auf dem
Weg zur Befreiung. Freiheit ist
Freisein von
Zwangsinterpretation, von
sozialer Wahrnehmung.

2001-12-15 15:42:06

Wenn Du diese Nachricht liest,
hat sich wieder alles geändert.
Das wahre Leben.

2001-12-15 16:42:45

MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND
HAT MAN ALLES VOR SICH

2001-12-12 00:07:25

Die Tonkunst schöpft ihr
Wasser aus dem Brunnen der
Natur; und nicht aus
den Pfützen der
Arithmetik.
MATTHESON

2001-12-12 11:38:28

WIEVIELE GEDENKMINUTEN
HÄTTEN DURCH WENIGE
DENKMINUTEN VERHINDERT
WERDEN KÖNNEN?DENKT
MAL DRÜBER NACH!GRÜßE
AUS NÜRTINGEN.

2001-12-12 21:48:57

Wie lieblich sind auf den
Bergen die Füße der Boten, die
da Frieden verkündigen, Gutes
predigen, Heil verkündigen, die
da sagen zu Zion: Dein GOTT
ist König!

2002-02-08 12:05:56

Ich bin NICHT offen für neue
Wege..., nur für bessere!!!

2002-02-08 19:19:07

DENKE DARAN,WIE DU DAS
LETZTE MAL GELACHT HAST -
UND WORÜBER! WENN DU
JETZT NICHT LÄCHELN
MUßT,...

2002-02-08 20:05:31

Der Sinn des Lebens Ist das
Leben selbst. Wofür sonst
leben wir? Nur, wir checken
das nicht...

2002-02-20 16:41:46

marktsegmentierung:
einteilung des gesamtmarktes
in intern homogene, extern
heterogene, instrumentell
relevante zielgruppen nach
kaufrelevanten merkmalen.

2002-02-20 16:58:16

Wer seine Freiheit aufgibt um
Sicherheit zu gewinnen, wird
am Ende beides verlieren. B.F
tobi

2002-02-20 15:04:55

macht euch frei von euren
(selbst-) erfahrungen. seid
nicht, wie ihr seid. seid nur.

2002-02-20 10:02:16

Ganz am Anfang habe ich hier
über das Vergessen
geschrieben. Ich kann mich
noch gut daran erinnern...!

Raum und Objekt

daheim

Ein Versuch, Wohnen anders zu denken. Eine Installation in der Galerie Markus Richter